Donnerstag, 20. Januar 2011

Mein Geburtstag


Bevor ich den längeren Eintrag über unsere Reise schreiben, möchte ich euch noch erzählen, wie ich meinen Geburtstag verbracht habe. Eigentlich hatte ich sogar zwei Geburtstage, denn ich bin zwar in Deutschland am 17.1. geboren, das aber (wenn ich das richtig im Kopf habe) abends gegen 20 Uhr. Da war in Madurai schon der 18.1. gegen 0:30. Also habe ich sicherheitshalber zweimal gefeiert ;-)
Am 17. wurde ich morgens in unserem Hof von Steffi, Sarah und Kathi (einer Freundin von Sarah, die gerade für 3 Wochen zu Besuch ist) mit Obstsalat, Kuchen und der ersten Fuhre Geschenke. Von Sarah bekam ich eine große Auswahl indischen Schmuck – eine Kette und viele verschiedene Armreifen. Das konnte ich gut gebrauchen, denn ein Geburtstagskind hat hier ordentlich geschmückt zu sein. Bald kam dann auch Nyim und schenkte mir eine selbstgewebte Tasche und einen Strauß Kunstblumen. Erst viel später habe ich gemerkt, dass sie die Blumen aus den Weihnachtsservietten gebastelt hatte, die ich ihr nach unserer Weihnachtsfeier dagelassen hatte.  Dann bin ich ins Internet gegangen und habe mit Dominik geskyped.
Der 17. Plätscherte so dahin. Abends waren wir dann mit allen deutschen Mädels (momentan sind wir 10!) auf der Dachterrasse des  Hotel Madurai Residency und haben ordentlich geschlemmt. Auch hier gab es noch einmal jede Menge Geschenke.
Geschenke

Da mich bereits am 17. ganz viele Leute verständnislos gefragt hatten, warum ich denn kein „Birthday-Dress“ hätte, war am 18. – vor dem Geburtstagstee am Nachmittag, zu dem ich einige indische Freunde eingeladen hatte – erstmal Klamottenkauf angesagt. Vorher war ich noch mit Nyim für den Tee einkaufen.
Nachmittags habe ich dann mehr Zeit vor dem Spiegel verbracht, als jemals seit meiner Ankunft hier (was nicht heißt, dass ich hier ungepflegt rumlaufe), um den Schal, Armreifen, Fußkettchen und Kette (eine, die ich von Dominik bekommen habe) ordentlich anzubringen. Leise vor mich hin klingelnd ging ich dann zu Nyim, die mir für die Feier Küche und Wohnzimmer für meine Feier zur Verfügung gestellt hatte und letztlich während der Feier auch den ganzen Service (Teekochen, Servieren und sogar Abwaschen) übernahm.
Leider kamen längst nicht alle Eingeladenen, aber die ganz besonders netten waren natürlich da ;-) und es gab die dritte Fuhre Geschenke. Zu Beginn wurde ein Gebet für mich gesprochen und gesungen und dann verging die Zeit bei Tee, Kuchen und vielen netten Gesprächen schnell vorbei.
Ein paar Gaeste (von links nach rechts: Steffi, John Salomon, Dina und Magda)

Me and my Birthday-Dress ;-) zusammen mit Magda, John Salomon und Hegou

Es war wunderschön, sodass ich im Moment nur mit großer Wehmut daran denken kann, dass ich in weniger als sechs Wochen schon die Heimreise antreten und so viele gute Freunde hier zurücklassen muss…
Im übrigen war das der erste Geburtstag, an dem ich ordentlich geschwitzt habe und man während der Feier auf Mückenjagd gehen musste…

Manna mit traditionellem Oberteil aus Manipur

Mit Mongsun (l.) und Nyim

Weihnachten fern der Heimat ;-)


An vielen Orten in Deutschland – so habe ich zumindest aus der Ferne gehört – hat es Weihnachten geschneit. So haben vielleicht einige von euch wunderschön klassische Weiße Weihnachten gehabt.
Meine Weihnachten waren vieles, aber sicher nicht „klassisch“, oder besser gesagt: Zumindest nicht klassisch deutsch oder mitteleuropäisch. Ich glaube aber, dass unsere Weihnachtsfeier für keinen der Beteiligten auf die jeweils gewohnte Weise von Statten ging, obwohl einzelne Elemente wiederum bei allen gleichermaßen dazugehörten.
Mein größtes und schönstes Weihnachtsgeschenk habe ich bereits am 21. Dezember vom Flughafen abgeholt – Dominik kam, um drei Wochen gemeinsam mit mir zu verbringen, mit mir Weihnachten zu feiern und zu reisen. Von dieser Reise werde ich euch auch noch berichten, nun möchte ich euch erst einmal von meinen so ungewöhnlichen Weihnachten erzählen.
Für den 25. (an diesem Tag wird in Indien gefeiert), waren Dominik und ich bei Nyim und Bimol, die ich bereits einmal erwähnt habe (ein Ehepaar aus Nordostindien) eingeladen. Einige der am TTS studierenden NordostinderInnen waren, da die Reise nach Hause teuer und langwierig ist, in Madurai geblieben. Sie und ein Ehepaar aus Andhra Pradesh feierten also zusammen. Wir waren also eine interessant gemixte Gruppe von Leuten, die alle andere Sitten und Gebräuche mit Weihnachten verbanden und nun gemeinsam feiern wollten.
Die Feier begann mit einem gemeinsamen Gebet, Weihnachtsliedern und einer kurzen Predigt von mir. Erst am Abend vorher, als ich mit Dominik auf der Dachterasse eines Hotels bei gutem Essen den Heiligen Abend feierte, erreichte mich via SMS Nyims Bitte,“ das eine kurze Predigt vorzubereiten, was ich dann am nächsten Morgen in aller Eile noch tat. Eigentlich wollte ich den Predigttext auch in den Blog schreiben, leider ist er wohl im Müll gelandet oder ist sonst irgendwie seine eigenen Wege gegangen…
Dann war Dominik dran, der auf Bitte unserer Gastgeber hin ein bisschen über Weihnachten in Deutschland erzählte und Fotos zeigte. Besonders ein Bild aus dem elterlichen Wohnzimmer, das ihn mit seinem Hund unter dem Weihnachtsbaum zeigte, kam sehr gut an. Noch größere Zuspruch erhielt aber unsere konkretere, greif- und essbarere Demonstration unserer Weihnachtsbräuche in Form selbstgebackener Plätzchen von Dominiks Mutter, einer großen Packung Lebkuchen sowie (mangels des Originalgetränks, das man schwer hätte transportieren können) Gummibärchen mit Glühweingeschmack aus dem Darmstädter Bärenladen. All das hatten wir auf dem von meiner Mutter bereits zum ersten Advent geschickten Weihnachtsservietten unter den Augen des aus gleicher Quelle kommenden Kantenhocker-Engels arrangiert. Letzterer gefiel Nyim und ihrem Sohn Manna so gut, dass er nun ein neues zu Hause hat. Die Plätzchen verschwanden ausgesprochen schnell und die Versammelten werden diesen kleinen Eindruck von deutschen Weihnachten sicher in guter Erinnerung behalten.
Ansturm auf die Plaetzchen

Und futtern...

Manna vom Engel beschuetzt

Ein deutscher Weihnachtsengel hat sein indisches Zuhause gefunden

Dominiks Erzählungen lösten ein Gespräch über die Weihnachtsbräuche in den Heimatorten der Gäste aus. Auffällig war für mich, dass in all diesen Orten Weihnachten einen viel stärkeren Gemeinschaftsaspekt hat, als unsere – ja meist im engeren Familienkreis gefeierten – Weihnachten. Zwar gehen auch in Deutschland viele Familien in den Gottesdienst, danach kehren sie aber zumeist in die eigenen vier Wände zurück. In Indien gibt es neben den (ohnehin schon längeren) Gottesdiensten auch noch weitere Versammlungen mit z.B. Theateraufführungen, Wettberwerben für die Kinder und vielem mehr. Zu diesem Thema lohnt sich wieder ein Blick auf Steffis Blog, denn sie hat zusammen mit Sarah einen Pastor durch die Dörfer, in denen er Gottesdienste halten musste, begleitet und all das miterlebt. Ob sie schon geschrieben hat, weiß ich nicht – Nachgucken lohnt sich!
Dann gab es ein wunderbares Essen und danach Tee. Dann löste sich die Gruppe langsam auf.
Leckeres Weihnachtsessen!!!
Am Abend gingen Dominik und ich nochmal zu Nyim und Bimol, um unsere Weihnachtsgeschenke zu überreichen. Hierbei mussten wir etwas improvisieren, weil wir zwar für die beiden, ihren Sohn Manna und die Verwandte Mongsun Geschenke geplant hatten, nicht aber für zwei weitere Besucher. Zum Glück hatte ich noch einen lustigen USB-Stick und etwas Weihnachtsdekoration übrig. Die Freude über die Geschenke war groß und wir wurden zum Resteessen eingeladen, was wiederum uns sehr freute. So verbrachten wir auch einen schönen Abend.
Geschenke angucken...

Der 26. Stand dann ganz unter dem Zeichen unser Reisevorbereitungen. Von der Reise werde ich bald berichten.

Donnerstag, 16. Dezember 2010

Ob euch das Folgende wirklich interessiert, kann ich nicht einschaetzen - einen Eindruck von meinem (abgesehen davon recht wenig aktiven) Alltag vermittelt es aber:
Seit ein paar Wochen haben Steffi und ich der ziemlich ausgelasteten Kerstin den Deutschunterricht abgenommen, nachdem wir sie vorher schon gelegentlich vertreten hatten. So kommt es, dass ich nun einmal woechentlich 1 1/2 Stunden unterrichte.

Das hat viele Vorteile: Ich kann etwas gegen das staendige Gefuehl, unausgelastet zu sein, unternehmen, ich erfahre, wie wenig ich bisher ueber meine eigene Sprache und deren Anwendung nachgedacht habe (obwohl ich mir doch schmeichle, diese Anwendung gut zu beherrschen), ich lerne etwas ueber das Lehrerdasein als solches und - last but not least - ist die einzige Moeglickeit, das regelmaessige Stattfinden eines Kurses zu garantieren, diesen selbst zu unterrichten.

Als ich das erste Mal ganz allein unterrichtet habe, war ich nach einer knappen Stunde Unterricht voellig fertig und konnte zumindest einige altbekannte Lehrerklagen besser nachvollziehen als vorher. Es ist auch wirklich anstrengend, wenn man Reihe eins unaufhoerlich mit Grammatik plagen muss, die diese laengst begriffen hat, weil Reihe zwei und drei nach diversen Versuchen und Unterrichtsstunden immer noch keinen blassen Schimmer davon hat. Ebenso schwer ist es, auf Englisch einen Deutschkurs fuer eine Gruppe zu halten, die ganz unterschiedliche Muttersprachen spricht: Tamilisch, Malayalam, mehrere nordostindische Sprachen... Englisch - die Arbeitssprache, sprechen weder Lehrerin noch Kursteilnehmer perfekt und ich weiss genau, dass zumindest mein Englisch mit fortschreitender Muedigkeit schlechter wird...

Dann merke ich natuerlich auch oft, dass ich ganz selbstverstaendlich Dinge benutze, die auf den ersten Blick voellig logisch, auf den zweiten aber verwirrend und kompliziert sind: Wie erklaere ich zum Beispiel den Gebrauch von Zeitangaben. Natuerlich muss ich nicht lange ueberlegen, was gemeint ist, wenn jemand sagt: "Es ist zwanzig nach vier." Auch wenn er stattdessen 16:20 Uhr sagt, verwirrt mich das nicht. Aber wie erklaere ich jemandem aus Suedindien, dass bei einer Art Zeitangabe zuerst die Minuten und dann die Stunde angegeben wird, bei der anderen jedoch genau umgekehrt. Wie schaffe ich es, dass sie behalten, dass man zwar 20 nach 4 sagt, aber nicht 25 nach 4, sondern 5 vor halb, dass bei einer Weise von 24 Stunden gesprochen wird, bei der anderen von zweimal 12. Schliesslich sagen wir morgens und abends Viertel nach sieben, aber zwischen 7:15 Uhr und 19:15 Uhr besteht ein gewaltiger Unterschied.
Und dann die separablen Verben, die ich gleich unterrichten muss... warum sagt man bei "vorkommen" "ich komme vor", bei "hinterbringen" aber nicht "ich bringe hinter"??? Und dass, "ich umfahre den Baum" etwas ganz anderes ist, als "ich fahre den Baum um" - schwierig, schwierig...

Aber ich will gar nicht klagen! Es ist schoen, eine Herausforderung zu haben, es ist noch schoener, vom Kurs freundlich begruesst zu werden und um die gute Stimmung waehrend des Unterrichts wuerde mich sicher mancher Lehrer beneiden. Und wenn ich ueber den Campus gehe und ein Schueler mich mit "Guten Abend" begruesst und dabei sichtbar stolz auf sich ist, dann freue ich mich auch. Schliesslich weiss ich ja aus eigener Erfahrung, welche Ueberwindung es kostet auf einer gaenzlich fremden Sprache auch nur die einfachsten Saetze zu sagen (mein Tamil ist immer noch nicht berauschend) und wie erfreut ich bin, wenn auch nur ein Bruchteil von meinem Gestammel verstanden wird.

Donnerstag, 2. Dezember 2010

Endlich wieder ein Lebenszeichen

Endlich wieder ein Lebenszeichen
Nun habt ihr wirklich lange nichts mehr von mir gehört… Erst war ich ein bisschen faul und dann musste das Internetcafe wegen Monsunschaden schließen. Mittlerweile ist es aber erfolgreich umgezogen, also kann es jetzt weitergehen.

So elegant kann man "Wir sind umgezogen" auch formulieren :-)

Um ehrlich zu sein, hat sich meine Schreibfaulheit auch daraus ergeben, dass sich nichts „weltbewegendes“ ereignet hat. Anfang November begannen wir auf den Start des Semesters und somit unserer Kurse zu warten. Damit waren wir zwei Wochen lang mehr oder weniger gut beschäftigt. Dann lief alles langsam, sehr langsam an. Viele Kurse fallen aber immer noch häufig aus, verschieden sich oder dauern weit kürzer als angekündigt. Es kann schon mal vorkommen, dass der Dozent (im geschilderten Fall der Principal) 10 Minuten nach Unterrichtsbeginn in den Raum stürzt „Sorry, sorry, I forgot I had classes“ (einige Wochen nach Semesterbeginn!) 15 Minuten unterrichtet, dann zu einer Sitzung muss und wieder verschwindet…
Manchmal bin ich  doch etwas frustriert über den Mangel an geistiger Nahrung…
Aber auch das kann man nicht allgemeinsetzen, denn wir machen durchaus interessante Erfahrungen. Die tatsächlich theologischen Kurse geben zwar nicht viel her, aber zwei Veranstaltungen im Center for Social Analysis (wie gut, dass es das gibt!) bieten doch ziemlich viel Denkstoff. Über diese beiden Kurse – Women’s Movement und Socio-Cultural Pattern – werde ich euch noch genauer berichten.
Obwohl ich noch längst nicht so viele Bekanntschaften gemacht habe, wie ich gerne möchte, gibt es doch zumindest einige Leute, die hier sehr wichtig geworden sind. Die möchte ich auch gerne näher beschreiben…
Sehr oft bin ich bei einer indischen Familie, die ich über Mathias Empfehlung kennen gelernt habe. Das Ehepaar Nyim und Bimol mit Sohn Manna und der entfernten Verwandten und Haushaltshilfe Mongsun. Nach kaum mehr als drei Besuchen erklärten sie mich zum Familienmitglied ? und ich kann kaum vorbeischauen, ohne Tee oder Süßigkeiten oder Nudeln, oder irgend etwas anderes zu bekommen. Mathias – falls du das liest – es war eine geniale Idee, ihnen Gummibärchen zu schicken, auch von denen habe ich natürlich etwas abbekommen ?.
Dann gibt es Rajasingh, ursprünglich aus Bangalore und im konservativen Madurai etwas unglücklich, der sich mit uns, insbesondere mit Steffi, angefreundet hat und eigentlich jeden Tag in unserem Hof zu finden ist, Dina (eigentlich Samuel Dinagaran), der nicht nur ein guter Trommler und Tänzer ist, sondern schon bei der Dialogue Exposure, aber auch hier auf dem Campus ein  sehr hilfreicher Freund ist, geduldigt zuhört und verbessert, wenn wir versuchen, tamilische Sätze zu radebrechen oder von unseren Eindrücken erzählen… von ihnen allen und noch einigen mehr werde ich euch noch ausführlicher beschreiben.
Die Regenzeit hat ihre eigenen Herausforderungen: Auf mein morgentliches Badmintonspiel mit Nyim, das ein wunderbarer Tagesstart war, muss seit ein paar Wochen verzichten muss, weil der (asphaltierte) Sportplatz überflutet ist und der Rest des Campus im Matsch versinkt. Jeden Abend vor dem Schlafengehen muss ich zunächst verirrte Frösche und Tausendfüßler in größerer Zahl aus meinem Zimmer entfernen. Letztere scheinen momentan Paarungszeit zu haben. Eine solche Paarung ist höchst bemerkenswert – dass sich so manches Wesen bei dieser Beschäftigung irgendwie stapelt ist ja bekannt, bisher habe ich aber von noch keinem Paar gehört, bei dem währenddessen noch ein Spaziergang stattfindet. Das ist schon höhere Kunst, bei dem sich der Untermann (oder die Unterfrau, oder wie auch immer) sich sichtlich abrackern muss. Einer trage des anderen Last…
So, jetzt unterlasse ich aber im Weiteren solch anstößige Texte ;-) …
Bei Sarah regnet es ganz furchtbar – leider auch innerhalb des Zimmers und der Schimmel verbreitet sich schneller, als man mit dem auswaschen hinterherkommt. Zumal wir das dazu nötige heiße Wasser ja nicht aus dem Hahn bekommen, sondern erst im Wasserkocher erhitzen müssen. Bis da genug zusammen ist, um z.B. einen Rucksack zu waschen, dauert es eine ganze Weile.
Hinzukommt, dass unsere Türen (die aus offenbar schon recht altem) Holz sind, sich durch die Feuchtigkeit derart verzogen haben, dass man Steffis Tür überhaupt nicht mehr schließen (oder gar abschließen) kann und ich genötigt bin, im wahrsten Sinne des Wortes mit der Tür ins Haus zu fallen, weil mein ganzes Körpergewicht nötig ist, um sie zu öffnen. Noch schwieriger ist es von innen – da muss ich mich an den Türgriff hängen und mich nach hinten fallen lassen. Jedes Mal befürchte ich wieder, dass ich den Griff herausziehen und mich ordentlich hinsetzen könnte. Schließen kann ich die Tür nur mit einem großen Knall, den gefühlt ganz Südindien hören kann…
Im Großen und Ganzen habe ich aber von uns Dreien am wenigsten monsunbedingte Unannehmlichkeiten zu ertragen, denn es regnet bei mir nur über der Tür rein, nicht aber über Bett und Regal (Da letzteres im Prinzip ein Vorsprung der Wand ist, kann man es nicht verschieben). Sarah hatte zeitweise alle unsere Teller im obersten Fach stehen, um das stetig tropfende Wasser aufzufangen.
Tja, Geschichten aus dem Leben… bald gibt’s mehr!!!

Montag, 8. November 2010

Das Fest
Am 4. und 5. November wurde das jaehrliche Diwali-Fest gefeiert.Um dessen Ursprung ranken sich verschiedene Legenden, die ich laengst nicht alle kenne. Wichtig in allen ist aber das Licht. Das fuehrt dazu, dass das Fest an unseren Silvesterabend erinnert. Zahlreiche Feuerwerke werden abgeschossen, es knallt und leuchtet heftig.

Vorfreude:
Bereits in der Woche vor dem Fest wurde fleissig geknallt. Unwissende - wie ich - wunderten und erschraken sich gelegentlich heftig, wenn lautes Knallen auf der Strasse vor dem Internetcafe zu hoeren war, dass - rein von der Lautstaerke her - auch ebenso gut das Ausbrechen eines Buergerkriegs haette ankuendigen koennen (so erschien es mir zumindest). Obwohl wir keine Raketen und Feuerwerkskoerper kauften, planten auch wir natuerlich einen festlichen Abend. Und was ist da besser, als auf einem Rooftop-Restaurant ueber den Daechern Madurais auf das Feuerwerk hinunterzugucken? Einige der exquisieteren Hotels haben so eine Dachterasse und - anders als in Deutschland koennen wir uns diesen Luxus hin und wieder ganz gut goennen.

Erste Schwierigkeiten:
Schon am Nachmittag zogen dicke Regenwolken auf, unablaessiges Feuerwerksknallen im Hintergrung verfeinerten die Stimnmung (schon in der Nacht hatten einige von uns recht merkwuerdige Traeume gehabt in denen viel geschossen wurde). Da unser bevorzugtes Restaurant, das Hotel Madurai Residency jedoch auch ueberdachte Flaechen auf den Terasse hat, freuten wir uns - von all diesen Umstaenden unbeeindruckt - auf den Abend. Um 19:00 sollte es losgehen. Um 18:00 begann es heftig zu regnen und wir kamen ins Nachdenken: Auf der Fahrt in der Rickshaw wuerden wir sicher ziemlich nass werden. Kurz vor 19:00 lie?der Regen etwas nach. Leider rief just da Sarahs Mutter an und da die beiden schon den ganzen Tag versucht hatten, sich zu erreichen (was aus irgendeinem raetselhaften Grund immer wieder gescheitert war), warteten wir nun das Ende des Telefonats ab. Leider war der Regen nicht so geduldigt wie wir und kam mit verdoppelter Staerke zurueck - es goss unglaublich, sodass wir uns, als Sarah zu Ende telefoniert hatte nurmehr den Weg zur Mensa zutrauten.Dort angekommen erfuhren wir - in der riesigen Pfuetze vor dem Eingang stehend - das an diesem Abend geschlossen war- ebenso wie unser Stammimbiss wenige Meter vom Campuseingang entfernt. Hilfreiche Studenten konnten uns immerhin einen Imbiss in der Naehe nennen, der offen hatte. Sie statteten uns mit zusaetzlichen Regenschirmen aus und wir zogen aus, um Essen zu finden. Die Strassenn - insbesondere deren verkehrstechnisch relativ sicheren Raender - waren voller Pfuetzen, aber der mittlerweile ziemlich starke Hunger trieb uns voran. So bekamen wir zwar nicht das geplante Luxusessen, aber doch zumindest Parotta und Omelett in die dankbaren Baeuche.

Versuch Nr. 2:
Als wir vom Essen zurueckkamen hatte der Regen aufgehoert und das stetige Knallen der Feuerwerkskoerper (das nur der heftigste Regen hatte unterbrechen koennen), bereits wieder angefangen. Eine kurze Weile erlegten wir, dann lockte uns der Gedanke an einen Nachtisch-Lassi auf der Dachterasse noch einmal hinaus. Trotz des starken Diwali-Verkehrs hatten wir Glueck und erwischten ziemlich bald eine (sogar voellig leere) Sammelrickshaw, die unweit des Residency halten wuerde. "Dann muessen wir nur noch ueber den PLatz". Dieses "nur noch" entpuppte sich als neues Abenteuer, denn als wir aus dem Fahrzeug kletterten mussten wir feststellen, das weniger von einem Platz, als vielmehr von einem See zu sprechen war, in dem ein unuebersichtliches Chaos von Menschen, Rickshaws, Autos und Bussen unterwegs waren. Die letztgenannten verursachten beim Fahren derart heftige Wellen, dass man sich beinahe im Meer waehnte. Bald waren wir knietief in der Bruehe versackt - Muell und verloren gegangene Schuhe umspuehten unsere Fuesse, waehrend wir versuchten, so trocken und so wenig ueberfahren wie moeglich auf die andere Seite zu gelangen. Letzteres klappte - trotz gelegentlich anderer Befuerchtungen - erstaunlich gut, bei ersterem konnte man hingegen kaum von Erfolg sprechen. Leider sind die Fotos etwas dunkel geworden, weil ich zwischen den hupenden Bussen nicht genug Zeit hatte, den Blitz auszuschalten. Vielleicht koennt ihr die Wassermassen trotzdem erahnen...
Ab durch die Riesenpfuetze

Als wir schliesslich beim Hotel unsere Wahl ankommen, wusste man unser heldenhaftes Durchhaltevermoegen noch nicht einmal zu schaetzen - das Restaurant war geschlossen, da man vom Dach aus Feuerwerkskoerper abschoss. So liessen wir uns - damit wir den Weg zumindest nicht umsonst gemacht haetten - mit der Bar im Keller vertroesten. Die jedoch war - ganz modern - mit Klimaanlage ausgestatten. Und wenn eine solche schon einmal da ist, dann wird sie auch ausgenutzt. Wir fuehlten uns wie im Eisschrank, blieben dann aber trotzdem.
Sarah und Lisa in der Bar

Aus dem Lassi wurde dann auch nichts, denn die Bar hatte nur alkoholische Getraenke. So goennte ich mir dann einen Cocktail, der teurer war, als das Menue das ich beim letzten Mal im Restaurant gegessen hatte (vom Imbiss ganz zu schweigen).
Auch mal wieder nett...

Allerdings bot die bar doch einige interessante Eindruecke. Zunaechst einmal den Tamil-Film, der abgespielt wurde, in dem die Helden samt ihren Gegnern heftig singend durch Venedig tanzten und sich nebenbei zu erschiessen versuchten, dann aber vor allem ein grosses Bild einer indischen Frau mit Whiskyglas in der einen und einer Zigarette in der anderen Hand. Normalerweise bekommt man Alkohol (von den teuern Bars abgesehen) nur in sehr zwielichtigen Laeden, die fuer Frauen gefaehrlich sind. Ueberhaupt wird wenig getrunken. Und rauchende Frauen waeren ein echter Skandal...
Was es nicht alles gibt...

Trotz dieser hoechst ungewoehnlichen Dekoration trieb uns die Kaelte in der Bar bald wieder auf die Strasse und zurueck ins TTS.

Die Nachfeier:
Tags drauf war Diwali hoerbar noch nicht wirklich vorbei. Zwar wurde etwas weniger haeufig geknallt, aber die Geraeuschkulisse blieb ebenso vorhanden wie das Internetcafe geschlossen und so langsam wurden wir alle etwas unruhig. Abends hatten wir jedoch Glueck. nach etwas Telefonieren (diesmal waren wir vorsichtig geworden) fanden wir ein offenes Rooftop-Restaurant und hatten auch an diesem abend noch einen schoenen Blick auf Stadt und Feuerwerk.

Mittwoch, 27. Oktober 2010

Dialogue Exposure (17.-24.10.)

Dialogue exposure

Seit einigen Tagen bin ich von meiner zweiten kleinen Reise zurueck, die laenger, aber auch wesentlich weniger nervenaufreibend war, als diejenige nach Kodaikanal. Vier Tage lang durften wir mit den Bachelorstudenten des Abschlussjahrgangs auf eine Exkursion zu verschiedenen Tempeln und anderen religiösen Orten.

Jedes Jahr werden die TTS-Studenten auf eine solche "exposure" geschickt. Je nach Jahrgang gibt es verschiedene Themen. Die letzte Exkursion - im 4. Studienjahr - ist dem interreligiösen Dialog gewidmet.Das Programm findet auf Tamil statt, also wurden uns Übersetzer zugeteilt,die für uns zuständig waren. Im Laufe der Woche übersetzten aber viele verschiedene Leute für uns.
Am Sonntag dem 17.10 begann das Programm in Madurai. Bis Mittwoch war vor Ort Programm - es gab Gebete, Vorträge und Besuche bei einem buddhistischen Mönch, in einem Jaina-Tempel und im Meenakshi Amman Kovil, den großen Hindu-Tempel in Madurai.

Der Buddhist
Am Montag nachmittag ging es mit dem Bus zu einem etwas außerhalb von Madurai gelegenen buddhistischen Zentrum. Dort erwartete uns ein Mönch, der auch im TTS unterrichtet, vielen also schon bekannt war. Ich konnte nicht umhin, festzustellen, dass unser Gastgeber, schon was seine Figur betraf, den gängigen Vorstellungen von Buddha selbst ziemlich genau entsprach. Später erklärte er uns auch, dass bei zunehmend starker Meditation vor der Buddha-Statue, auch äußerliche Ähnlichkeiten mit dem Meister auftreten, machte dies aber vor allem an der Form seiner Ohren deutlich, die derjenigen des Buddha weit ähnlicher sei,als der irgend eines seiner Familienmitglieder. Tatsächlich war aber auch der Buddha im Garten, den wir besichtigen durften, von eher schlanker Figur.
Von seinem Gespräch mit den Studenten haben wir leider zu wenig mitbekommen. Obediya, meine Übersetzerin, gab sich zwar wirklichMühe und spricht auch ein wirklich gutes Englisch, aber auch sie war natürlich sehr damit beschäftigt, zuzuhören und neue Eindrücke zu verarbeiten.
Im Kern ging es, wenn ich das richtig mitbekommen habe, um die Unterscheidung von need und desire (gerade frage ich mich, wie man das am besten wiedergeben kann, vielleicht mit Bedürfnis und Verlangen). Letzteres, also seine Leidenschaften, seine Begierden nach nicht unbedingt notwendigen Dingen, soll der Mensch - so unser Gastgeber - nach der buddhistischen Lehre überwinden und in positive Kraft umwandeln. Darüber habe ich lange nachgedacht und auch mit Steffi uns Sarah nochmal besprochen. Natürlich weiß ich, dass ich mir manchmalmit dem ersehnen (oder begehren) von nicht Realisierbarem das Leben schwer mache, ebenso kommt es vor, dass ich die Kraft, die durch möglicherweise überzogene Emotion verloren geht, vielleicht weiser eingesetzt werden könnte - das ist schon ein richtiger Punkt. Aber würde ich ohne all diese (manchmal unerfüllbaren) Wünschen, Sehnsüchten udn Emotionen noch ein menschliches Leben führen. Würde ein solches Leben Spaß machen? Und vor allem: Würde es mich wirklich weiterbringen? Lerne ich mich nicht gerade im Durchleben all dieser Gefühle kennen und gerade dann, wenn ich mich ihnen auch mal hingebe, sie würdige, auch dann, wenn ich sie nachher vielleicht als unsinnig erkenne? Darf das "desire" nicht auch mal bleiben, was es ist?
Aber vielleicht sind das ja auch zwei Seiten einer Medallie, vielleicht gehören ja das Durchleben und das Besiegen von Begierden zusammen. Allerdings würde ich nicht gerade von "besiegen" sprechen, eher davon, diese Gefühle in angemesse Bahnen zu lenken...
Kerstin hat uns angeboten, den Mönch nochmal zu treffen, zumal der auch Englisch spricht. Vielleicht bringt mir das auch neue Erkenntnisse...
Buddha im Garten


Tempel in Madurai
Am Dienstag besuchten wir einen Jaina-Tempel in Madurai. Leider weiß ich noch zu wenig über diese Religion, um wirklich etwas Qualifiziertes dazu sagen zu können. Strenge Jains tragen eine Mundschutz und fegen den Boden vor ihren Füßen, um nicht aus Versehen ein Tier zu verschlucken oder zu zertreten, denn jedes noch so kleine Tier, das getötet wird, wirkt sich, so glauben sie, negativ auf ihr Karma aus. Im Tempel selbst habe ich aber keine solchen Jainas gesehen. Hier habe ich also ein Thema entdeckt,über das ich noch viel lernen kann.
Eigentlich ging es mir auch in den Hindu-Tempeln, die wir besichtigten, kaum anders. Über Hinduismus habe ich zwar das eine oder andere schon gelesen, da dieser Begriff aber eine von außen (von den britischen Kolonialherren) herangetragene Bezeichnug an die Vielfältigen Kulte und Traditionen Indiens ist, auf die auch die Bezeichnung "Religion" (zumindest mit unserem Verständnis davon im Kopf) schwierig anzuwenden ist und vor allem eine unglaubliche Vielfalt herrscht, ist eben auch mein Wissen daüber nur sehr begrenzt.
Aber auch ohne viel Wissen beeindrucken die Tempel schon auf Grund ihrer Architektur und des Lebens, das darin stattfindet. Der Meenakshi-Tempel ist sehr weitläufig, bietet viele verschiedene Räume, viele Menschen sind unterwegs. Den Eindruck zu beschreiben ist fast unmöglich. Leider waren wir nur kurz da. Kerstin wird aber noch eine Führung für uns (die sechs Deutschen) machen, dann werde ich sicher mehr lernen und auch Fotos vom Inneren des Tempels machen.
Am Mittwoch abend hatten die Männer Gelegenheit, eine Moschee zu besichtigen. Wir leider nicht, denn Frauen dürfen in Indien nicht in Moscheen. Uns wurde auch berichtet, dass von dem Gastgeber dort nicht eben nette Dinge über Frauen gesagt wurden. Vielleicht war es ganz gut, dass ich nicht da war...

Der Meenakshi-Tempel


Die erste Reise-Etappe
Am Donnerstag früh (wirklich früh, um fünf Uhr morgens) ging dann die Fahrt los. Zunächst nach Trichy, wo wir in einer Kirche zum Frühstück eingeladen waren und dann mit Kleinbussen zu drei Tempeln fuhren. Von denen fliegen so viele Eindruecke in meinem Kopf durcheinander, dass ich kaum mehr weiß, welches Bild, welcher Gedanke zu welchem Tempel gehört. Dabei wäre es spannend gewesen, die Unterschiede feststellen und behalten zu können. Klar ist: In den brahmanischen Tempeln der "Hochreligion" dürfen keine Nichtinder, eigentlich auch keine Nichthindus,in das Allerheiligste des Tempels, in den Schrein, in den eher volkstümlichen Tempeln ist das hingegen möglich. Leider gerieten wir in einem solchen in eine viel zu lange Schlange und hatten viel zu wenig Zeit, sodass uns auch dort der Blick ins Innerste des Tempels nicht möglich war. Ein Abenteuer war das trotzdem, denn es waren - vermutlich um den Menschenandrang in Bahnen zu lenken - aus Metallzäunen sehr enge Gänge aufgebaut, durch die man zum Schrein hindurchgehen musste. Erst, als wir schon eine Weile gegangen waren, sahen wir die lange Schlange, die uns erwartete, und wussten, dass wir, sollte wir uns anstellen, nicht pünktlich zum Bus würden kommen können. So beschlossen, wir, wieder zum Anfang des Gangsystems - also gegen die eigentliche Richtung - wieder hinauszugehen. Da war es nun aber voll geworden und in den knapp bemessenen Gängen war es kaum möglich, dass sich zwei Menschen aneinander vorbeischieben konnten. Teilweise mussten wir ein Stück an den Zäunen hinaufklettern, um den in die Gegenrichtung Gehenden Platz zu machen. Ein Foto davon wäre sicher sehr lustig gewesen, aber ans Fotografieren dachte niemand, zumal wir auch voll und ganz mit Festhalten beschäftigt waren. Gleich im ersten Tempel, den wir besuchten, konnten wir - rein zufaellig im Vorbeigehen - bei einer Hochzeit zugucken, wobei die (sehr kleine) Hochzeitsgesellschaft unseren Besuch offenbar ebenso spannend, wie wir das Zeremoniell...
Wir schliefen - wie auch in den weiteren Nächten -in zwei Kirchen (eine für die Männer, eine für die Frauen) in Cuddalore. Wir schliefen auf Matten auf dem Boden, aber so müde, wie ich jedes Mal war, bemerkte ich das kaum. Das Bad allerdings war eine Sache für sich. Dort herrschte, wie Sarah schön formulierte, "eine erstaunliche Artenvielfalt"...


Die Hochzeit

Ein Tempeltor


Ein Elefant im Tempel

Der tanzende Gott
Am Freitag besuchten wir einen weiteren Tempel, in dem Shiva als König des Tanzes verehrt wird. Viele Bilder zeigen den Gott in einem ganz offenbar atemberaubenden Tanz. Eine Geschichte erzählt, wie Shiva mit Shakti (einer weiblichen Gottheit) um die Wette tanzte. Dabei verlor er einen Ohrring. Da er den Tanz aber nicht unterbrechen wollte, hob er den Ohrring mit dem Fuß auf und befestigte ihn - ebenfalls mit diesem Körperteil - wieder am Ohr, ohne mit dem Tanzen aufzuhören. Das konnte Shakti ihm nicht nachmachen - nicht verwunderlich, meine ich. Liebe Heidelberger TäzerInnen - wenn denn ein paar von euch das hier lesen - da habt ihr doch mal eine neue Figur, an der ihr arbeiten könnt. Ich bin gespannt, wie weit ihr bei meiner Rückkehr gekommen seid und wer König oder Königin des Tanzes wird ;-)
Der tanzende Gott


Zum erstem Mal an der indischen Küste
Freitag abend durften wir abends für eine Stunde ans Meer. Am Strand von Cuddalore, wo es langsam dunkel wurde, liefen wir mit aufgekrempelten Hosenbeinen ein Stück ins Wasser, wurden dabei wegen der Wellen nasser als geplant und hatten sehr viel Spaß dabei ;-) Lisa und Magda sagen "My Bonnie is over the ocean" und noch ein paar andere Lieder. Ich hatte furchtbar Lust zu schwimmen, aber natürlich keine Badeanzug dabei - zumal keinen, der für indische Ansprüche genug bedeckt. So einen werde ich mir noch kaufen müssen. Es war aber schon wunderbar und entspannend, einfach das Wasser um die Beine fließen zu fühlen und in die Ferne zu gucken... Nach den letzten beiden spannenden aber anstrengenden Tagen tat mir das sehr gut.
Spass im Wasser

Ein Anblick zum Ausruhen...

Pondicherry
Am nächsten Tag standen zwei interessante Punkte auf dem Programm: Über Auroville fuhren wir nach Pondicherry. Auroville ist ein Ort nahe bei Pondicherry, wo eine internationale Gemeinschaft lebt, die mit Auroville einen Ort der Erziehung schaffen will, eine Gemeinschaft, die die menschliche Einheit verkoerpert, einen Ort "materieller und spiritueller Forschung". Eigentlich wollte ich euch die (sehr kurze) Charta hoer rein kopieren, aus irgend einem technischen Grund geht das aber gerade nicht. Ihr koennt aber einfach mal bei Wikipedia "Auroville" eigeben, da findet ihr die und noch einiges andere Wissenswerte.
Etwas seltsam fand ich es, dass einerseits betont wurde, die Gemeinschaft wolle keine neue Religion gründen, ja sogar über die bestehende hinausgehen (das zumindest wurde in einem kurzen Infofilm gesagt), andererseits aber von einer "divine consciousness" gesprochen wurde, der man als Bewohner von Auroville dienen solle. Und, dass ein unglaublich großes, aufwändiges Meditationsgebäude errichtet wurde, in dem man eben jene "divine consciousness" meditativ erfahren soll... wenn das nicht zumindest pseudoreligiös ist... Ich moechte da auf jeden Fall nochmal hin, mir mehr Zeit nehmen und dem nachgehen...
Ein Baum mit vielen Staemmen


Das Zetrum von Auroville

Besonders schön - neben all diesen spannenden Menschheitsfragen - war jedoch der weitläufige Park, der es endlich einmal wieder ermöglichte, einfach eine Weile ruhig im Gras zu liegen. Und er bot einen besonderen Baum, dessen Namen ich leider vergessen habe: Er bildet an den Ästen neue Stämmemit Wurzeln, die von oben wieder in den Boden wachsen.

In Pondicherry mussten die TTS-Studenten den Dozenten persönliche Rückmeldungen geben und diskutieren. Da auch das auf Tamil stattfand hatten wir 5 Deutschen frei und genossen die Strandpromenade, ein Café, bummelten durch ein paar Straßen und sahen dann lange dem Sonnenuntergang und Mondaufgang am Meer zu. Wunderschön... dort werde ich mit Dominik Silvester feiern :-)!!!
Die Strabdpromenade in Pondicherry

Sonnenuntergang am Meer
Und der Mond...

Und zurück
Am Sonntag gab es dann noch einen Gottesdienst, eine letzte Austauschrunde und sehr leckeres Mittagessen. Dann gings (8 Stunden lang) mit dem Bus zurück nach Madurai. So müde, wie an diesem Abend bin ich lange nicht mehr ins Bett gefallen!

Und nun?
Was sagt mir nun diese dialogue exposure zu der Frage, die ich so spannend finde - wie interreligiöser Dialog woanders stattfindet, insbesondere in einem Land,indem seit Jahrhunderten, wenn nicht Jahrtausenden viele Religionen nebeneinander beheimatet sind und wie gehen Christen, die sich in ihrem Land nicht in der Minderheit befinden, an diesen Dialog heran... Vieles, was mir darüber Aufschluss hätte geben können, habe ich vermutlich auf Grund der Sprachbarriere nicht mitbekommen, also kann ich nur eine sehr vorläufige und vorsichtige Antwort geben. Das Wichtigste - und eigentlich auch Selbstverständlichste -ist, dass auch hier nicht vom generellen Standpunkt des Inders an sich gesprochen werden kann. Wir konnten viele verschiedene Menschen und also auch Herangehensweisen beobachten. Einige wussten bereits viel über Hindutempel, konnten uns einiges erzählen, andere wussten vielleicht weniger, manche schienen eher unreflektiert ihren christlichen Standpunkt vorauszusetzen, andere hatten ihre Denkweise und deren Ausgangspunkt sehr genau reflektiert. Aber so unterschiedlich sie an den Dialog herangingen - ich habe niemanden getroffen, der ihn nicht für wichtig gehalten hätte. Mehr lässt sich fast nicht sagen. Hoffentlich kriege ich den Kurs "Christianity an other Faithes" in meinen Stundenplan (noch fehlen uns die Zeitangaben zu den Kursen, sodass wir nicht planen können), vielleicht werde ich dann mehr erfahren und begreifen.

Auf jeden Fall hat sich die exposure schon wegen der vielen netten Smalltalks und längeren Gesprächen mit vielen der Studenten gelohnt, von denen sich einige besonders nett um uns kümmerten, uns übersetzten und erklärten. So haben wir viele Leute kennen gelernt und fühlten uns in der Gruppe sehr wohl :-) Hoffentlich geht das mit Semesterbeginn so weiter.

Mittwoch, 20. Oktober 2010

Empfehlung

Wer meinen Blog verfolgt und trotzdem nicht genug von Indien hoeren kann, oder wer einfach mal auf einen anderen Blickwinkel gespannt ist, sollte unbedingt die beiden Blogs in meiner Blog-Liste lesen. Steffi studiert - wie ich - am TTS, Lisa macht hier einen Freiwilligendienst.