Donnerstag, 16. Dezember 2010

Ob euch das Folgende wirklich interessiert, kann ich nicht einschaetzen - einen Eindruck von meinem (abgesehen davon recht wenig aktiven) Alltag vermittelt es aber:
Seit ein paar Wochen haben Steffi und ich der ziemlich ausgelasteten Kerstin den Deutschunterricht abgenommen, nachdem wir sie vorher schon gelegentlich vertreten hatten. So kommt es, dass ich nun einmal woechentlich 1 1/2 Stunden unterrichte.

Das hat viele Vorteile: Ich kann etwas gegen das staendige Gefuehl, unausgelastet zu sein, unternehmen, ich erfahre, wie wenig ich bisher ueber meine eigene Sprache und deren Anwendung nachgedacht habe (obwohl ich mir doch schmeichle, diese Anwendung gut zu beherrschen), ich lerne etwas ueber das Lehrerdasein als solches und - last but not least - ist die einzige Moeglickeit, das regelmaessige Stattfinden eines Kurses zu garantieren, diesen selbst zu unterrichten.

Als ich das erste Mal ganz allein unterrichtet habe, war ich nach einer knappen Stunde Unterricht voellig fertig und konnte zumindest einige altbekannte Lehrerklagen besser nachvollziehen als vorher. Es ist auch wirklich anstrengend, wenn man Reihe eins unaufhoerlich mit Grammatik plagen muss, die diese laengst begriffen hat, weil Reihe zwei und drei nach diversen Versuchen und Unterrichtsstunden immer noch keinen blassen Schimmer davon hat. Ebenso schwer ist es, auf Englisch einen Deutschkurs fuer eine Gruppe zu halten, die ganz unterschiedliche Muttersprachen spricht: Tamilisch, Malayalam, mehrere nordostindische Sprachen... Englisch - die Arbeitssprache, sprechen weder Lehrerin noch Kursteilnehmer perfekt und ich weiss genau, dass zumindest mein Englisch mit fortschreitender Muedigkeit schlechter wird...

Dann merke ich natuerlich auch oft, dass ich ganz selbstverstaendlich Dinge benutze, die auf den ersten Blick voellig logisch, auf den zweiten aber verwirrend und kompliziert sind: Wie erklaere ich zum Beispiel den Gebrauch von Zeitangaben. Natuerlich muss ich nicht lange ueberlegen, was gemeint ist, wenn jemand sagt: "Es ist zwanzig nach vier." Auch wenn er stattdessen 16:20 Uhr sagt, verwirrt mich das nicht. Aber wie erklaere ich jemandem aus Suedindien, dass bei einer Art Zeitangabe zuerst die Minuten und dann die Stunde angegeben wird, bei der anderen jedoch genau umgekehrt. Wie schaffe ich es, dass sie behalten, dass man zwar 20 nach 4 sagt, aber nicht 25 nach 4, sondern 5 vor halb, dass bei einer Weise von 24 Stunden gesprochen wird, bei der anderen von zweimal 12. Schliesslich sagen wir morgens und abends Viertel nach sieben, aber zwischen 7:15 Uhr und 19:15 Uhr besteht ein gewaltiger Unterschied.
Und dann die separablen Verben, die ich gleich unterrichten muss... warum sagt man bei "vorkommen" "ich komme vor", bei "hinterbringen" aber nicht "ich bringe hinter"??? Und dass, "ich umfahre den Baum" etwas ganz anderes ist, als "ich fahre den Baum um" - schwierig, schwierig...

Aber ich will gar nicht klagen! Es ist schoen, eine Herausforderung zu haben, es ist noch schoener, vom Kurs freundlich begruesst zu werden und um die gute Stimmung waehrend des Unterrichts wuerde mich sicher mancher Lehrer beneiden. Und wenn ich ueber den Campus gehe und ein Schueler mich mit "Guten Abend" begruesst und dabei sichtbar stolz auf sich ist, dann freue ich mich auch. Schliesslich weiss ich ja aus eigener Erfahrung, welche Ueberwindung es kostet auf einer gaenzlich fremden Sprache auch nur die einfachsten Saetze zu sagen (mein Tamil ist immer noch nicht berauschend) und wie erfreut ich bin, wenn auch nur ein Bruchteil von meinem Gestammel verstanden wird.

Donnerstag, 2. Dezember 2010

Endlich wieder ein Lebenszeichen

Endlich wieder ein Lebenszeichen
Nun habt ihr wirklich lange nichts mehr von mir gehört… Erst war ich ein bisschen faul und dann musste das Internetcafe wegen Monsunschaden schließen. Mittlerweile ist es aber erfolgreich umgezogen, also kann es jetzt weitergehen.

So elegant kann man "Wir sind umgezogen" auch formulieren :-)

Um ehrlich zu sein, hat sich meine Schreibfaulheit auch daraus ergeben, dass sich nichts „weltbewegendes“ ereignet hat. Anfang November begannen wir auf den Start des Semesters und somit unserer Kurse zu warten. Damit waren wir zwei Wochen lang mehr oder weniger gut beschäftigt. Dann lief alles langsam, sehr langsam an. Viele Kurse fallen aber immer noch häufig aus, verschieden sich oder dauern weit kürzer als angekündigt. Es kann schon mal vorkommen, dass der Dozent (im geschilderten Fall der Principal) 10 Minuten nach Unterrichtsbeginn in den Raum stürzt „Sorry, sorry, I forgot I had classes“ (einige Wochen nach Semesterbeginn!) 15 Minuten unterrichtet, dann zu einer Sitzung muss und wieder verschwindet…
Manchmal bin ich  doch etwas frustriert über den Mangel an geistiger Nahrung…
Aber auch das kann man nicht allgemeinsetzen, denn wir machen durchaus interessante Erfahrungen. Die tatsächlich theologischen Kurse geben zwar nicht viel her, aber zwei Veranstaltungen im Center for Social Analysis (wie gut, dass es das gibt!) bieten doch ziemlich viel Denkstoff. Über diese beiden Kurse – Women’s Movement und Socio-Cultural Pattern – werde ich euch noch genauer berichten.
Obwohl ich noch längst nicht so viele Bekanntschaften gemacht habe, wie ich gerne möchte, gibt es doch zumindest einige Leute, die hier sehr wichtig geworden sind. Die möchte ich auch gerne näher beschreiben…
Sehr oft bin ich bei einer indischen Familie, die ich über Mathias Empfehlung kennen gelernt habe. Das Ehepaar Nyim und Bimol mit Sohn Manna und der entfernten Verwandten und Haushaltshilfe Mongsun. Nach kaum mehr als drei Besuchen erklärten sie mich zum Familienmitglied ? und ich kann kaum vorbeischauen, ohne Tee oder Süßigkeiten oder Nudeln, oder irgend etwas anderes zu bekommen. Mathias – falls du das liest – es war eine geniale Idee, ihnen Gummibärchen zu schicken, auch von denen habe ich natürlich etwas abbekommen ?.
Dann gibt es Rajasingh, ursprünglich aus Bangalore und im konservativen Madurai etwas unglücklich, der sich mit uns, insbesondere mit Steffi, angefreundet hat und eigentlich jeden Tag in unserem Hof zu finden ist, Dina (eigentlich Samuel Dinagaran), der nicht nur ein guter Trommler und Tänzer ist, sondern schon bei der Dialogue Exposure, aber auch hier auf dem Campus ein  sehr hilfreicher Freund ist, geduldigt zuhört und verbessert, wenn wir versuchen, tamilische Sätze zu radebrechen oder von unseren Eindrücken erzählen… von ihnen allen und noch einigen mehr werde ich euch noch ausführlicher beschreiben.
Die Regenzeit hat ihre eigenen Herausforderungen: Auf mein morgentliches Badmintonspiel mit Nyim, das ein wunderbarer Tagesstart war, muss seit ein paar Wochen verzichten muss, weil der (asphaltierte) Sportplatz überflutet ist und der Rest des Campus im Matsch versinkt. Jeden Abend vor dem Schlafengehen muss ich zunächst verirrte Frösche und Tausendfüßler in größerer Zahl aus meinem Zimmer entfernen. Letztere scheinen momentan Paarungszeit zu haben. Eine solche Paarung ist höchst bemerkenswert – dass sich so manches Wesen bei dieser Beschäftigung irgendwie stapelt ist ja bekannt, bisher habe ich aber von noch keinem Paar gehört, bei dem währenddessen noch ein Spaziergang stattfindet. Das ist schon höhere Kunst, bei dem sich der Untermann (oder die Unterfrau, oder wie auch immer) sich sichtlich abrackern muss. Einer trage des anderen Last…
So, jetzt unterlasse ich aber im Weiteren solch anstößige Texte ;-) …
Bei Sarah regnet es ganz furchtbar – leider auch innerhalb des Zimmers und der Schimmel verbreitet sich schneller, als man mit dem auswaschen hinterherkommt. Zumal wir das dazu nötige heiße Wasser ja nicht aus dem Hahn bekommen, sondern erst im Wasserkocher erhitzen müssen. Bis da genug zusammen ist, um z.B. einen Rucksack zu waschen, dauert es eine ganze Weile.
Hinzukommt, dass unsere Türen (die aus offenbar schon recht altem) Holz sind, sich durch die Feuchtigkeit derart verzogen haben, dass man Steffis Tür überhaupt nicht mehr schließen (oder gar abschließen) kann und ich genötigt bin, im wahrsten Sinne des Wortes mit der Tür ins Haus zu fallen, weil mein ganzes Körpergewicht nötig ist, um sie zu öffnen. Noch schwieriger ist es von innen – da muss ich mich an den Türgriff hängen und mich nach hinten fallen lassen. Jedes Mal befürchte ich wieder, dass ich den Griff herausziehen und mich ordentlich hinsetzen könnte. Schließen kann ich die Tür nur mit einem großen Knall, den gefühlt ganz Südindien hören kann…
Im Großen und Ganzen habe ich aber von uns Dreien am wenigsten monsunbedingte Unannehmlichkeiten zu ertragen, denn es regnet bei mir nur über der Tür rein, nicht aber über Bett und Regal (Da letzteres im Prinzip ein Vorsprung der Wand ist, kann man es nicht verschieben). Sarah hatte zeitweise alle unsere Teller im obersten Fach stehen, um das stetig tropfende Wasser aufzufangen.
Tja, Geschichten aus dem Leben… bald gibt’s mehr!!!

Montag, 8. November 2010

Das Fest
Am 4. und 5. November wurde das jaehrliche Diwali-Fest gefeiert.Um dessen Ursprung ranken sich verschiedene Legenden, die ich laengst nicht alle kenne. Wichtig in allen ist aber das Licht. Das fuehrt dazu, dass das Fest an unseren Silvesterabend erinnert. Zahlreiche Feuerwerke werden abgeschossen, es knallt und leuchtet heftig.

Vorfreude:
Bereits in der Woche vor dem Fest wurde fleissig geknallt. Unwissende - wie ich - wunderten und erschraken sich gelegentlich heftig, wenn lautes Knallen auf der Strasse vor dem Internetcafe zu hoeren war, dass - rein von der Lautstaerke her - auch ebenso gut das Ausbrechen eines Buergerkriegs haette ankuendigen koennen (so erschien es mir zumindest). Obwohl wir keine Raketen und Feuerwerkskoerper kauften, planten auch wir natuerlich einen festlichen Abend. Und was ist da besser, als auf einem Rooftop-Restaurant ueber den Daechern Madurais auf das Feuerwerk hinunterzugucken? Einige der exquisieteren Hotels haben so eine Dachterasse und - anders als in Deutschland koennen wir uns diesen Luxus hin und wieder ganz gut goennen.

Erste Schwierigkeiten:
Schon am Nachmittag zogen dicke Regenwolken auf, unablaessiges Feuerwerksknallen im Hintergrung verfeinerten die Stimnmung (schon in der Nacht hatten einige von uns recht merkwuerdige Traeume gehabt in denen viel geschossen wurde). Da unser bevorzugtes Restaurant, das Hotel Madurai Residency jedoch auch ueberdachte Flaechen auf den Terasse hat, freuten wir uns - von all diesen Umstaenden unbeeindruckt - auf den Abend. Um 19:00 sollte es losgehen. Um 18:00 begann es heftig zu regnen und wir kamen ins Nachdenken: Auf der Fahrt in der Rickshaw wuerden wir sicher ziemlich nass werden. Kurz vor 19:00 lie?der Regen etwas nach. Leider rief just da Sarahs Mutter an und da die beiden schon den ganzen Tag versucht hatten, sich zu erreichen (was aus irgendeinem raetselhaften Grund immer wieder gescheitert war), warteten wir nun das Ende des Telefonats ab. Leider war der Regen nicht so geduldigt wie wir und kam mit verdoppelter Staerke zurueck - es goss unglaublich, sodass wir uns, als Sarah zu Ende telefoniert hatte nurmehr den Weg zur Mensa zutrauten.Dort angekommen erfuhren wir - in der riesigen Pfuetze vor dem Eingang stehend - das an diesem Abend geschlossen war- ebenso wie unser Stammimbiss wenige Meter vom Campuseingang entfernt. Hilfreiche Studenten konnten uns immerhin einen Imbiss in der Naehe nennen, der offen hatte. Sie statteten uns mit zusaetzlichen Regenschirmen aus und wir zogen aus, um Essen zu finden. Die Strassenn - insbesondere deren verkehrstechnisch relativ sicheren Raender - waren voller Pfuetzen, aber der mittlerweile ziemlich starke Hunger trieb uns voran. So bekamen wir zwar nicht das geplante Luxusessen, aber doch zumindest Parotta und Omelett in die dankbaren Baeuche.

Versuch Nr. 2:
Als wir vom Essen zurueckkamen hatte der Regen aufgehoert und das stetige Knallen der Feuerwerkskoerper (das nur der heftigste Regen hatte unterbrechen koennen), bereits wieder angefangen. Eine kurze Weile erlegten wir, dann lockte uns der Gedanke an einen Nachtisch-Lassi auf der Dachterasse noch einmal hinaus. Trotz des starken Diwali-Verkehrs hatten wir Glueck und erwischten ziemlich bald eine (sogar voellig leere) Sammelrickshaw, die unweit des Residency halten wuerde. "Dann muessen wir nur noch ueber den PLatz". Dieses "nur noch" entpuppte sich als neues Abenteuer, denn als wir aus dem Fahrzeug kletterten mussten wir feststellen, das weniger von einem Platz, als vielmehr von einem See zu sprechen war, in dem ein unuebersichtliches Chaos von Menschen, Rickshaws, Autos und Bussen unterwegs waren. Die letztgenannten verursachten beim Fahren derart heftige Wellen, dass man sich beinahe im Meer waehnte. Bald waren wir knietief in der Bruehe versackt - Muell und verloren gegangene Schuhe umspuehten unsere Fuesse, waehrend wir versuchten, so trocken und so wenig ueberfahren wie moeglich auf die andere Seite zu gelangen. Letzteres klappte - trotz gelegentlich anderer Befuerchtungen - erstaunlich gut, bei ersterem konnte man hingegen kaum von Erfolg sprechen. Leider sind die Fotos etwas dunkel geworden, weil ich zwischen den hupenden Bussen nicht genug Zeit hatte, den Blitz auszuschalten. Vielleicht koennt ihr die Wassermassen trotzdem erahnen...
Ab durch die Riesenpfuetze

Als wir schliesslich beim Hotel unsere Wahl ankommen, wusste man unser heldenhaftes Durchhaltevermoegen noch nicht einmal zu schaetzen - das Restaurant war geschlossen, da man vom Dach aus Feuerwerkskoerper abschoss. So liessen wir uns - damit wir den Weg zumindest nicht umsonst gemacht haetten - mit der Bar im Keller vertroesten. Die jedoch war - ganz modern - mit Klimaanlage ausgestatten. Und wenn eine solche schon einmal da ist, dann wird sie auch ausgenutzt. Wir fuehlten uns wie im Eisschrank, blieben dann aber trotzdem.
Sarah und Lisa in der Bar

Aus dem Lassi wurde dann auch nichts, denn die Bar hatte nur alkoholische Getraenke. So goennte ich mir dann einen Cocktail, der teurer war, als das Menue das ich beim letzten Mal im Restaurant gegessen hatte (vom Imbiss ganz zu schweigen).
Auch mal wieder nett...

Allerdings bot die bar doch einige interessante Eindruecke. Zunaechst einmal den Tamil-Film, der abgespielt wurde, in dem die Helden samt ihren Gegnern heftig singend durch Venedig tanzten und sich nebenbei zu erschiessen versuchten, dann aber vor allem ein grosses Bild einer indischen Frau mit Whiskyglas in der einen und einer Zigarette in der anderen Hand. Normalerweise bekommt man Alkohol (von den teuern Bars abgesehen) nur in sehr zwielichtigen Laeden, die fuer Frauen gefaehrlich sind. Ueberhaupt wird wenig getrunken. Und rauchende Frauen waeren ein echter Skandal...
Was es nicht alles gibt...

Trotz dieser hoechst ungewoehnlichen Dekoration trieb uns die Kaelte in der Bar bald wieder auf die Strasse und zurueck ins TTS.

Die Nachfeier:
Tags drauf war Diwali hoerbar noch nicht wirklich vorbei. Zwar wurde etwas weniger haeufig geknallt, aber die Geraeuschkulisse blieb ebenso vorhanden wie das Internetcafe geschlossen und so langsam wurden wir alle etwas unruhig. Abends hatten wir jedoch Glueck. nach etwas Telefonieren (diesmal waren wir vorsichtig geworden) fanden wir ein offenes Rooftop-Restaurant und hatten auch an diesem abend noch einen schoenen Blick auf Stadt und Feuerwerk.

Mittwoch, 27. Oktober 2010

Dialogue Exposure (17.-24.10.)

Dialogue exposure

Seit einigen Tagen bin ich von meiner zweiten kleinen Reise zurueck, die laenger, aber auch wesentlich weniger nervenaufreibend war, als diejenige nach Kodaikanal. Vier Tage lang durften wir mit den Bachelorstudenten des Abschlussjahrgangs auf eine Exkursion zu verschiedenen Tempeln und anderen religiösen Orten.

Jedes Jahr werden die TTS-Studenten auf eine solche "exposure" geschickt. Je nach Jahrgang gibt es verschiedene Themen. Die letzte Exkursion - im 4. Studienjahr - ist dem interreligiösen Dialog gewidmet.Das Programm findet auf Tamil statt, also wurden uns Übersetzer zugeteilt,die für uns zuständig waren. Im Laufe der Woche übersetzten aber viele verschiedene Leute für uns.
Am Sonntag dem 17.10 begann das Programm in Madurai. Bis Mittwoch war vor Ort Programm - es gab Gebete, Vorträge und Besuche bei einem buddhistischen Mönch, in einem Jaina-Tempel und im Meenakshi Amman Kovil, den großen Hindu-Tempel in Madurai.

Der Buddhist
Am Montag nachmittag ging es mit dem Bus zu einem etwas außerhalb von Madurai gelegenen buddhistischen Zentrum. Dort erwartete uns ein Mönch, der auch im TTS unterrichtet, vielen also schon bekannt war. Ich konnte nicht umhin, festzustellen, dass unser Gastgeber, schon was seine Figur betraf, den gängigen Vorstellungen von Buddha selbst ziemlich genau entsprach. Später erklärte er uns auch, dass bei zunehmend starker Meditation vor der Buddha-Statue, auch äußerliche Ähnlichkeiten mit dem Meister auftreten, machte dies aber vor allem an der Form seiner Ohren deutlich, die derjenigen des Buddha weit ähnlicher sei,als der irgend eines seiner Familienmitglieder. Tatsächlich war aber auch der Buddha im Garten, den wir besichtigen durften, von eher schlanker Figur.
Von seinem Gespräch mit den Studenten haben wir leider zu wenig mitbekommen. Obediya, meine Übersetzerin, gab sich zwar wirklichMühe und spricht auch ein wirklich gutes Englisch, aber auch sie war natürlich sehr damit beschäftigt, zuzuhören und neue Eindrücke zu verarbeiten.
Im Kern ging es, wenn ich das richtig mitbekommen habe, um die Unterscheidung von need und desire (gerade frage ich mich, wie man das am besten wiedergeben kann, vielleicht mit Bedürfnis und Verlangen). Letzteres, also seine Leidenschaften, seine Begierden nach nicht unbedingt notwendigen Dingen, soll der Mensch - so unser Gastgeber - nach der buddhistischen Lehre überwinden und in positive Kraft umwandeln. Darüber habe ich lange nachgedacht und auch mit Steffi uns Sarah nochmal besprochen. Natürlich weiß ich, dass ich mir manchmalmit dem ersehnen (oder begehren) von nicht Realisierbarem das Leben schwer mache, ebenso kommt es vor, dass ich die Kraft, die durch möglicherweise überzogene Emotion verloren geht, vielleicht weiser eingesetzt werden könnte - das ist schon ein richtiger Punkt. Aber würde ich ohne all diese (manchmal unerfüllbaren) Wünschen, Sehnsüchten udn Emotionen noch ein menschliches Leben führen. Würde ein solches Leben Spaß machen? Und vor allem: Würde es mich wirklich weiterbringen? Lerne ich mich nicht gerade im Durchleben all dieser Gefühle kennen und gerade dann, wenn ich mich ihnen auch mal hingebe, sie würdige, auch dann, wenn ich sie nachher vielleicht als unsinnig erkenne? Darf das "desire" nicht auch mal bleiben, was es ist?
Aber vielleicht sind das ja auch zwei Seiten einer Medallie, vielleicht gehören ja das Durchleben und das Besiegen von Begierden zusammen. Allerdings würde ich nicht gerade von "besiegen" sprechen, eher davon, diese Gefühle in angemesse Bahnen zu lenken...
Kerstin hat uns angeboten, den Mönch nochmal zu treffen, zumal der auch Englisch spricht. Vielleicht bringt mir das auch neue Erkenntnisse...
Buddha im Garten


Tempel in Madurai
Am Dienstag besuchten wir einen Jaina-Tempel in Madurai. Leider weiß ich noch zu wenig über diese Religion, um wirklich etwas Qualifiziertes dazu sagen zu können. Strenge Jains tragen eine Mundschutz und fegen den Boden vor ihren Füßen, um nicht aus Versehen ein Tier zu verschlucken oder zu zertreten, denn jedes noch so kleine Tier, das getötet wird, wirkt sich, so glauben sie, negativ auf ihr Karma aus. Im Tempel selbst habe ich aber keine solchen Jainas gesehen. Hier habe ich also ein Thema entdeckt,über das ich noch viel lernen kann.
Eigentlich ging es mir auch in den Hindu-Tempeln, die wir besichtigten, kaum anders. Über Hinduismus habe ich zwar das eine oder andere schon gelesen, da dieser Begriff aber eine von außen (von den britischen Kolonialherren) herangetragene Bezeichnug an die Vielfältigen Kulte und Traditionen Indiens ist, auf die auch die Bezeichnung "Religion" (zumindest mit unserem Verständnis davon im Kopf) schwierig anzuwenden ist und vor allem eine unglaubliche Vielfalt herrscht, ist eben auch mein Wissen daüber nur sehr begrenzt.
Aber auch ohne viel Wissen beeindrucken die Tempel schon auf Grund ihrer Architektur und des Lebens, das darin stattfindet. Der Meenakshi-Tempel ist sehr weitläufig, bietet viele verschiedene Räume, viele Menschen sind unterwegs. Den Eindruck zu beschreiben ist fast unmöglich. Leider waren wir nur kurz da. Kerstin wird aber noch eine Führung für uns (die sechs Deutschen) machen, dann werde ich sicher mehr lernen und auch Fotos vom Inneren des Tempels machen.
Am Mittwoch abend hatten die Männer Gelegenheit, eine Moschee zu besichtigen. Wir leider nicht, denn Frauen dürfen in Indien nicht in Moscheen. Uns wurde auch berichtet, dass von dem Gastgeber dort nicht eben nette Dinge über Frauen gesagt wurden. Vielleicht war es ganz gut, dass ich nicht da war...

Der Meenakshi-Tempel


Die erste Reise-Etappe
Am Donnerstag früh (wirklich früh, um fünf Uhr morgens) ging dann die Fahrt los. Zunächst nach Trichy, wo wir in einer Kirche zum Frühstück eingeladen waren und dann mit Kleinbussen zu drei Tempeln fuhren. Von denen fliegen so viele Eindruecke in meinem Kopf durcheinander, dass ich kaum mehr weiß, welches Bild, welcher Gedanke zu welchem Tempel gehört. Dabei wäre es spannend gewesen, die Unterschiede feststellen und behalten zu können. Klar ist: In den brahmanischen Tempeln der "Hochreligion" dürfen keine Nichtinder, eigentlich auch keine Nichthindus,in das Allerheiligste des Tempels, in den Schrein, in den eher volkstümlichen Tempeln ist das hingegen möglich. Leider gerieten wir in einem solchen in eine viel zu lange Schlange und hatten viel zu wenig Zeit, sodass uns auch dort der Blick ins Innerste des Tempels nicht möglich war. Ein Abenteuer war das trotzdem, denn es waren - vermutlich um den Menschenandrang in Bahnen zu lenken - aus Metallzäunen sehr enge Gänge aufgebaut, durch die man zum Schrein hindurchgehen musste. Erst, als wir schon eine Weile gegangen waren, sahen wir die lange Schlange, die uns erwartete, und wussten, dass wir, sollte wir uns anstellen, nicht pünktlich zum Bus würden kommen können. So beschlossen, wir, wieder zum Anfang des Gangsystems - also gegen die eigentliche Richtung - wieder hinauszugehen. Da war es nun aber voll geworden und in den knapp bemessenen Gängen war es kaum möglich, dass sich zwei Menschen aneinander vorbeischieben konnten. Teilweise mussten wir ein Stück an den Zäunen hinaufklettern, um den in die Gegenrichtung Gehenden Platz zu machen. Ein Foto davon wäre sicher sehr lustig gewesen, aber ans Fotografieren dachte niemand, zumal wir auch voll und ganz mit Festhalten beschäftigt waren. Gleich im ersten Tempel, den wir besuchten, konnten wir - rein zufaellig im Vorbeigehen - bei einer Hochzeit zugucken, wobei die (sehr kleine) Hochzeitsgesellschaft unseren Besuch offenbar ebenso spannend, wie wir das Zeremoniell...
Wir schliefen - wie auch in den weiteren Nächten -in zwei Kirchen (eine für die Männer, eine für die Frauen) in Cuddalore. Wir schliefen auf Matten auf dem Boden, aber so müde, wie ich jedes Mal war, bemerkte ich das kaum. Das Bad allerdings war eine Sache für sich. Dort herrschte, wie Sarah schön formulierte, "eine erstaunliche Artenvielfalt"...


Die Hochzeit

Ein Tempeltor


Ein Elefant im Tempel

Der tanzende Gott
Am Freitag besuchten wir einen weiteren Tempel, in dem Shiva als König des Tanzes verehrt wird. Viele Bilder zeigen den Gott in einem ganz offenbar atemberaubenden Tanz. Eine Geschichte erzählt, wie Shiva mit Shakti (einer weiblichen Gottheit) um die Wette tanzte. Dabei verlor er einen Ohrring. Da er den Tanz aber nicht unterbrechen wollte, hob er den Ohrring mit dem Fuß auf und befestigte ihn - ebenfalls mit diesem Körperteil - wieder am Ohr, ohne mit dem Tanzen aufzuhören. Das konnte Shakti ihm nicht nachmachen - nicht verwunderlich, meine ich. Liebe Heidelberger TäzerInnen - wenn denn ein paar von euch das hier lesen - da habt ihr doch mal eine neue Figur, an der ihr arbeiten könnt. Ich bin gespannt, wie weit ihr bei meiner Rückkehr gekommen seid und wer König oder Königin des Tanzes wird ;-)
Der tanzende Gott


Zum erstem Mal an der indischen Küste
Freitag abend durften wir abends für eine Stunde ans Meer. Am Strand von Cuddalore, wo es langsam dunkel wurde, liefen wir mit aufgekrempelten Hosenbeinen ein Stück ins Wasser, wurden dabei wegen der Wellen nasser als geplant und hatten sehr viel Spaß dabei ;-) Lisa und Magda sagen "My Bonnie is over the ocean" und noch ein paar andere Lieder. Ich hatte furchtbar Lust zu schwimmen, aber natürlich keine Badeanzug dabei - zumal keinen, der für indische Ansprüche genug bedeckt. So einen werde ich mir noch kaufen müssen. Es war aber schon wunderbar und entspannend, einfach das Wasser um die Beine fließen zu fühlen und in die Ferne zu gucken... Nach den letzten beiden spannenden aber anstrengenden Tagen tat mir das sehr gut.
Spass im Wasser

Ein Anblick zum Ausruhen...

Pondicherry
Am nächsten Tag standen zwei interessante Punkte auf dem Programm: Über Auroville fuhren wir nach Pondicherry. Auroville ist ein Ort nahe bei Pondicherry, wo eine internationale Gemeinschaft lebt, die mit Auroville einen Ort der Erziehung schaffen will, eine Gemeinschaft, die die menschliche Einheit verkoerpert, einen Ort "materieller und spiritueller Forschung". Eigentlich wollte ich euch die (sehr kurze) Charta hoer rein kopieren, aus irgend einem technischen Grund geht das aber gerade nicht. Ihr koennt aber einfach mal bei Wikipedia "Auroville" eigeben, da findet ihr die und noch einiges andere Wissenswerte.
Etwas seltsam fand ich es, dass einerseits betont wurde, die Gemeinschaft wolle keine neue Religion gründen, ja sogar über die bestehende hinausgehen (das zumindest wurde in einem kurzen Infofilm gesagt), andererseits aber von einer "divine consciousness" gesprochen wurde, der man als Bewohner von Auroville dienen solle. Und, dass ein unglaublich großes, aufwändiges Meditationsgebäude errichtet wurde, in dem man eben jene "divine consciousness" meditativ erfahren soll... wenn das nicht zumindest pseudoreligiös ist... Ich moechte da auf jeden Fall nochmal hin, mir mehr Zeit nehmen und dem nachgehen...
Ein Baum mit vielen Staemmen


Das Zetrum von Auroville

Besonders schön - neben all diesen spannenden Menschheitsfragen - war jedoch der weitläufige Park, der es endlich einmal wieder ermöglichte, einfach eine Weile ruhig im Gras zu liegen. Und er bot einen besonderen Baum, dessen Namen ich leider vergessen habe: Er bildet an den Ästen neue Stämmemit Wurzeln, die von oben wieder in den Boden wachsen.

In Pondicherry mussten die TTS-Studenten den Dozenten persönliche Rückmeldungen geben und diskutieren. Da auch das auf Tamil stattfand hatten wir 5 Deutschen frei und genossen die Strandpromenade, ein Café, bummelten durch ein paar Straßen und sahen dann lange dem Sonnenuntergang und Mondaufgang am Meer zu. Wunderschön... dort werde ich mit Dominik Silvester feiern :-)!!!
Die Strabdpromenade in Pondicherry

Sonnenuntergang am Meer
Und der Mond...

Und zurück
Am Sonntag gab es dann noch einen Gottesdienst, eine letzte Austauschrunde und sehr leckeres Mittagessen. Dann gings (8 Stunden lang) mit dem Bus zurück nach Madurai. So müde, wie an diesem Abend bin ich lange nicht mehr ins Bett gefallen!

Und nun?
Was sagt mir nun diese dialogue exposure zu der Frage, die ich so spannend finde - wie interreligiöser Dialog woanders stattfindet, insbesondere in einem Land,indem seit Jahrhunderten, wenn nicht Jahrtausenden viele Religionen nebeneinander beheimatet sind und wie gehen Christen, die sich in ihrem Land nicht in der Minderheit befinden, an diesen Dialog heran... Vieles, was mir darüber Aufschluss hätte geben können, habe ich vermutlich auf Grund der Sprachbarriere nicht mitbekommen, also kann ich nur eine sehr vorläufige und vorsichtige Antwort geben. Das Wichtigste - und eigentlich auch Selbstverständlichste -ist, dass auch hier nicht vom generellen Standpunkt des Inders an sich gesprochen werden kann. Wir konnten viele verschiedene Menschen und also auch Herangehensweisen beobachten. Einige wussten bereits viel über Hindutempel, konnten uns einiges erzählen, andere wussten vielleicht weniger, manche schienen eher unreflektiert ihren christlichen Standpunkt vorauszusetzen, andere hatten ihre Denkweise und deren Ausgangspunkt sehr genau reflektiert. Aber so unterschiedlich sie an den Dialog herangingen - ich habe niemanden getroffen, der ihn nicht für wichtig gehalten hätte. Mehr lässt sich fast nicht sagen. Hoffentlich kriege ich den Kurs "Christianity an other Faithes" in meinen Stundenplan (noch fehlen uns die Zeitangaben zu den Kursen, sodass wir nicht planen können), vielleicht werde ich dann mehr erfahren und begreifen.

Auf jeden Fall hat sich die exposure schon wegen der vielen netten Smalltalks und längeren Gesprächen mit vielen der Studenten gelohnt, von denen sich einige besonders nett um uns kümmerten, uns übersetzten und erklärten. So haben wir viele Leute kennen gelernt und fühlten uns in der Gruppe sehr wohl :-) Hoffentlich geht das mit Semesterbeginn so weiter.

Mittwoch, 20. Oktober 2010

Empfehlung

Wer meinen Blog verfolgt und trotzdem nicht genug von Indien hoeren kann, oder wer einfach mal auf einen anderen Blickwinkel gespannt ist, sollte unbedingt die beiden Blogs in meiner Blog-Liste lesen. Steffi studiert - wie ich - am TTS, Lisa macht hier einen Freiwilligendienst.

Freitag, 15. Oktober 2010

Indische Dichtung

Da ich schon einmal dabei bin, Berichte nachzuliefern, kommt hier gleich noch etwas:

Am Sonntag waren wir in einer fahrenden Ausstellung (von Indian Railways organisiert und deshalb im Zug). Es ging um den indischen Schriftsteller und Nobelpreistraeger Rabindranath Thakur (oder Tagore, da gibt es verschiedene Schreibweisen). Eine Ausstellung zu beschreiben ist schwierig, deshalb kriegt ihr einfach mal eine Kostprobe indischer Dichtung. Allerdings nicht ganz aktueller, denn Thakur lebte ende 19.- Anfang des 20. Jahrhunderts. Trotzdem: Ich finde, um ein land zu verstehen, lohnt sich ein Blick in seine Literatur:
Hmmm, da meine Kamera gerade spinnt, auf der das Bild vom abfotographierten Gedicht ist, bekommt ihr jetzt ein anderes schoenes von ihm, das ich gerade im Internet gefunden habe. Es lebe die Improvisation:

My Friend
















 
  Art thou abroad on this stormy night
on thy journey of love, my friend?
The sky groans like one in despair.

I have no sleep tonight.
Ever and again I open my door and look out on
the darkness, my friend!

I can see nothing before me.
I wonder where lies thy path!

By what dim shore of the ink-black river,
by what far edge of the frowning forest,
through what mazy depth of gloom art thou threading
thy course to come to me, my friend? 
  


Und hier kommt noch ein Bild vom Zug

Ein erster Hauch Alltag

Kaum zu glauben: Als ich heute morgen durch die Straßen ging - die zwar immer normaler wurden, aber bis gestern immernoch ein bisschen fremd und aufregend geblieben waren - fühlte ich tatsächlich das erste Mal so etwas wie Alltäglichkeit. Ich ging zur Bank, eine Zeitung holen, Anti-Moskito-Salbe kaufen und Wasser kaufen. Lauter kleine Erledigungen - und ein bisschen fühlte ich mich schon, wie zu Hause beim Einkaufen. Das war wunderschön! Beim sympathischen Tee-Mann, der einen kleinen Laden nahe dem Campus-Eingang hat, legte ich eine spontane Pause ein. Zwar schwitzte ich ziemlich, erinnerte mich aber daran, gehört zu haben, dass heiße Getränke für schwitzende Körper gut sei. Zudem ist ein Besuch beim Tee-Mann ein Wert für sich. Er ist sehr, sehr sympathisch, kennt alle Deutschen, die seit 1990 im TTS waren, spricht sehr gutes Englisch und freut sich immer wenn wir zu Tee und Smalltalk vorbeikommen. Auf seinem Handy hatte er Fotos von Mathias und Bernhard, die ich aus Heidelberg kenne. Der Laden heißt mit Recht "Home Tea" - ich fühle mich dort sehr zu Hause.

             Auf dem Campus (im Hintergrund das MTh-Hostel, wo wir wohnen

Auf dem Campus haben wir nun - nach gut zwei Wochen im Gästehaus - unsere endgültigen Zimmer beziehen können, die für uns frisch gestrichen worden sind. Drei schöne große Zimmer mit einem gemeinsamen Hof, in dem wir nun jeden Morgen zusammen früstücken. Mit einem kleinen rot-gelb gestreiften Teppich habe ich schon angefangen, es mir gemütlich zu machen. Auch ein paar Bilder möchte ich mir noch kaufen.
Mein Moskitonetz konnte ich nun auch aufhängen und irgenwie gefällt es mir, darunter zu schlafen- es wirkt so ein bisschen wie ein kuscheliges Zelt. Zudem hat das Bad eine wirklich gute Dusche, was nicht selbstverständlich ist. Meistens duscht man hier mit einem großen und einem kleinen Eimer.
Etwas arg merkwürdig kam ich mir vor, als ich herausfand, dass wir sogar Klo und Bad geputzt kriegen.

                                                            Mein Zimmer

Gestern hatte ich auch meine zweite Yoga-Stunde. Die war zwar ziemlich schweißstreibend.Das tat aber gut, denn ein bisschen  leide ich hier unter Bewegungsmangel. Zudem fand sie auf einer wunderschönen Terasse statt und während der entspannenden Phasen in denen ich Palmen, Bäume und Blumen sah, Vögel hörte und mich wohlfühlte, freute ich mich unglaublich, dass ich trotz allen Zweifeln den Mut gehabt hatte, nach Indien zu kommen!

Die Alltäglickeit wird aber nicht lange anhalten. Am Wochenende beginnt für die Bachelorstudenten die "Dialogue Exposure" ein Programm in dessen Rahmen Gotteshäuser, Tempel und religiöse Stätten verschiedener Religionen besucht werden. Samstag abend geht es los. Bis Mittwoch sind wir in Madurai unterwegs und ab Donnerstag gehts dann mit Bus und Bahn auf die Reise. Das wird sicher anstrengend, aber ich bin schon sehr neugierig darauf! Ich glaube, ihr könnt mich alle beneiden ;-)

                                                 Die Kapelle auf dem Campus

Unser erster Ausflug - Kodaikanal

Diesen Bericht schulde ich euch eigentlich schon laenger. Unser erster Ausflug liegt schon eine Woche zurueck: Hier also nun der Bericht:

Kodaikanal: Unser erster Ausflug

Neugier und Sehnsucht
Bereits kurze Zeit unter der heissen indischen Sonne können dazu führen, dass "Kälte" zu einem Zauberwort wird. Ebenso reichen wenige Eindrücke aus unserem Unfeld, um Lust auf mehr zu machen. Diese beiden Komponenten, sowie wärmste Empfehlungen der drei Freiwilligen (Magda,Lisa und Narmada), die bereits dort gewesen waren, verleiteten Steffi, Sarah und mich schon bald, nach Kodaikanal zu fahren - einem Ort in den Bergen.
Anfangs hatte ich etwas Respekt davor, so kurze Zeit nach der Ankunft bereits einen mehrtägigen Ausflug zu unternehmen, schließlich hatte ich mich eben erst in Madurai eingewöhnt. Aber die Sehsucht nach kälterer Temperatur und der Bewegung, die Bergwandern mit sich bringt, war schließlich ausschlaggebend. So war ich dann - mit leicht klopfendem Herzen, aber doch voller Vorfreude dabei. Wir planten, Von Donnerstag bis Samstag dort zu bleiben.

Es geht los
Am Busbahnhof in Madurai stellten sich uns die ersten Herausforderungen. Zum einen wurde ich das erste Mal so richtig mit Bettlern konfrontiert, die sehr hartnäckig waren. Davon hatte ich zwar einiges gelesen, aber damit umzugehen, ist doch etwas anderes. Auf den Strassen rund um das TTS war mir das auch bis jetzt nicht begegnet. Manchmal fand ich es schwierig zu entscheiden, ob und was ich geben sollte...
zudem waren all diejenigen, die wir auf der Suche nach dem Bus fragten, zwar sehr auskunftsfreudig, jedoch konnte die Qualität der Auskünfte nicht so recht mit der Quantität mithalten. Mehrfach wurden wir quer über den Platz geschickt, bis wir endlich richtig gelotst wurden. Beim Einsteigen in den Bus erwiesen wir uns als noch sehr von Deutschland geprägt. Irgendwie ist es ja nachzuvollziehen, dass man in indische Busse nicht rechts vorne einsteigt - da sitzt ja direkt der Fahrer. Aber bis wir das realisiert hatten und darauf kamen, einmal um den Bus herumzugehen, brauchte es eine Weile. Die Insassen des Busses werden sich gewundert haben, warum wir so lange so blöd herumstanden...
Und dann ging die Fahrt los - zwei Stunden durch Dörfer, über Landstraßen und kleinere Städte, schließlich nochmal zwei Stunden die Berge hoch, in Serpentinen, die wir auf der Hinfahrt, auf der ein umsichtiger Busfahrer fuhr, noch gar nicht so wahrnahmen, wie auf der Rückfahrt (dazu später).
Es wurde langsam weniger heiß und statt Menschen sahen wir lange vor allem Affen am Straßenrand. Wieder konnten wir beobachten, wie sehr der indische Verkehr über die Hupe organisiert wird: In den Serpentinen passten kaum zwei Fahrzeuge nebeneinander. Vor den kritischen Kurven (die doch in höherer Anzahl vorhanden waren) wurde gehupt, um Entgegenkommende zu warnen.
In Kodaikanal angekommen irrten wir eine Weile herum, bis wir das uns empfohlene Hostel gefunden hatten. Für 800 Rupien (ca. 16 Euro) bekamen wir ein Doppelzimmer mit Zusatzmatratze. Die Schlafgelegenheiten waren mäßig bequem, die Aussicht über die Berge schier unbezahlbar. Schon am Abend unserer Ankunft, als es bereits dunkel war, faszinierte uns die Sicht über das Tal und die vielen glitzernden Lichter darin. Leider ließ sich dieser Eindruck trotz vielfachen Versuchen nicht auf ein Foto bannen. Wer das erleben will, muss selber hinfahren.


Fröhliche Wanderer
Früh am nächsten morgen gingen wir los, um eine gepriesene Aussichtsplattform zu erreichen, bevor der für den Beginn der Monsunzeit typische Nebel aufziehen sollte. Schon die ersten Schritte auf den Weg boten viel zu sehen. Affen, die in den Bäumen turnten, Blüten, Kühe. Und vor allem herrlich kühle, frische Luft. Wieder einmal in Jeans, Jacke und festen Schuhen unterwegs zu sein, hatte einen Reiz für sich. Leider war entweder die Beschilderung oder aber unser Verständnis davon schlecht, sodass wir einen riesigen Umweg liefen. Das Dorf, durch das dieser uns führte, war zwar schön anzusehen, leider erreichte wegen dieses Zeitverlustes der Nebel die Aussichtsplattform vor uns. 



Stars?
Trotz alledem sahen wir uns auf dem Aussichtsplatz ein wenig um. Dabei gerieten wir unbeabsichtigt zwischen eine größere Reisegruppe. Diese zeigte sich so derart fasziniert von uns, wohl vor allem unserer hellen Hautfarbe, vielleicht aber auch von unserem Auftauchen in Indien an sich, dass sie sich gar nicht wieder einkriegen konnten. Die Männer machten Fotos über Fotos, die Frauen giggelten auf eine Weise, die ich vorher nicht für möglich gehalten hatte. Einige versuchten uns, ihre kleinen Kinder in die Arme zu schieben. Diese verstanden natürlich nicht, was vor sich ging und protestierten zum Teil heftig weinend. Auch das war ein Grund dafür, dass sich unser anfängliches Amüsement in leichte Gereiztheit und Erschöpfung wandelte. Fotoshooting ist definitiv nichts für mich - zumindest nicht als Objekt...

Affen :-)
Weiter gings trotz Nebel die Strasse entlang. Nach einigem Laufen - wir waren nun schon ziemlich weit von unserem Hostel entfernt, wurde das Laufen mit wirklich eindrücklichen Bildern belohnt. Zwar blieb das Tal weiterhin vom Nebel verborgen, aber nun kamen wir an einigen kleinen Marktständen vorbei - und an einer ganzen Bande auf den Bäumen sitzender Affen, die es ganz offensichtlich auf die Ware des Gemüsestands abgesehen hatten. Während sie auf eine günstige Gelegenheit warteten,sich zu sättigen kletterten sie auf den Bäumen herum und lieferten uns - die wir versuchten, sie zu filmen - eine regelrechte Show aus ihrem Leben: Gähnen, Kratzen, Klettern... Wir kamen nicht umhin, zu vermuten, dass es sich bei diesen Tieren um Medienprofis handelte. Als Sarah an Gemüsestand Karotten als Imbiss für den weiteren Weg kaufte, kam Leben ins Spiel. Nur mit Mühe konnten wir unsere Wegzehrung verteidigen. Nun begann es aber, zu tröpfeln und wir beschlossen, den Rückweg anzutreten.



Durch den Monsun
Anfangs wirkte das ganze noch harmlos und wir wähnten uns durch Regenjacken und Schirm gut geschützt. Nach wenigen Schritten mehr entpuppte sich dieses Sicherheitsgefühl jedoch als Illusion - es begann, in Strömen zu gießen, die Jacken waren - ebenso wie die Hosen und bald auch die T-Shirts - völlig durchweicht und wir stellten fest, dass man zwar in der Hitze von Madurai gerne mal von Frieren träumt, dieses Gefühl jedoch bald seinen Charme verliert, wenn es wirklich eintrifft. Zum anderen fiel uns ein, dass jede nur eine Garnitur warme Kleidung mithatte - diejenige, die wir trugen. Die würde aber bei kaltem Wetter im kalten Zimmer kaum wieder trocknen. Eine Weile stellten wir uns an einem Marktstand nahe des vorher besuchten Aussichtspunkt unter und gaben uns der Hoffnung hin, der Regen würde in absehbarer Zeit aufhören. Dazu sah dieser aber keinerlei Anlass. Bald bildeten sich kleine Flüsse und Wasserfälle auf der Strasse. Schließlich machten wir uns desillusioniert wieder auf den Weg und beschlossen, den nächsten Bus zurück nach Madurai zu nehmen, um uns und unsere Gaderobe zu trocknen. Die nassen Sachen klebten auf dem Körper und wir hatten immer noch ein gutes Stück Weg vor uns. Da kam - was für ein Glück! - die Reisegruppe von  vorher in ihrem Bis vorbei, hielt an und nahm uns mit. Im Bus wurden wir freundlich und (wie auch anders) lärmend begrüßt. Unser Mitfahren schien berechtigter Anlass für eine Party zu sein. Kurz vor unserem Hostel setzten sie uns ab, wir holten unser Gepäck und machten uns durch den immernoch strömenden Regen auf zum Busbahnhof.


Dekadenz
Auf diesem Weg kamen wir an einer Filiale von "Cafe Coffee Day" vorbei. Davon hatten die Freiwilligen bereits geschwärmt. Für einen durchschnittlich verdienenden Inder ist so ein Cafe vermutlich unglaublicher (in vielen Fällen wohl auch unerreichbarer Luxus), aber diese Gedanken waren uns regendurchweichten Wanderern zumindest in der gegebenen Situation sehr viel ferner als der brennende Wunsch nach Kaffee und heißer Schokolade. Im Cafe selbst konnte man fast meinen, in ein europäisches Ketten-Cafe versetzt zu sein. Neben solchem Luxus wie Tiefkühlpizza,Trinkschokolade und (ungemein fettiger) Schokotorte mit Vanilleeis, deren Genuss wir uns ungehemmt hingaben, fanden wir zu unserer Freude auch noch ein sehr sauberes Klo - sogar mit Klopapier!!! - wo wir uns die nassen Sachen ausziehen und mit unseren dünneren Sachen vertauschen konnten, die immerhin trocken waren. So gestärkt machten wir uns auf den Weg zum Busbahnhof und fanden dort nach einigem Hin und Her, den Bus nach Madurai.

Abwärts
Während der Busfahrt wurde das Tal wieder sichtbar. Das allerdings war wenig Anlass zur Freude, ließ doch der durch Worte kaum zu beschreibende Fahrstil des Busfahrers befürchten, dieses weit früher als geplant und erwünscht zu erreichen. In jeder Kurve auf der engen, schwer einsehbaren Straße, bangten wir um unser Leben. Der Busfahrer auf der Herfahrt hatte sehr häufig die Hupe zur Warnung betätigt, sein Kollege, dem wir nun für vier Stunden ausgeliefert waren, hielt dies ganz offensichtlich für unnötig, weshalb es immer wieder zu abenteuerlichen Ausweichmanövern kam, für die die Straße eigentlich nicht breit genug war. Die Schokotorte entpuppte sich in diesen Umständen als äußerst unbequem. Sarahs Magen fühlte sich bald völlig überfordert, diese Mahlzeit in sich zu behalten. Sie war aber nicht die einzige. Schon bald musste der Busfahrer anhalten und eine ganze Gruppe Mitfahrer verließen den Bus und obwohl ein höchst entschlossener indischer Mann dem Busfahrer offenbar sehr Deutliches über seinen Fahrstil zu sagen hatte - was beweist, dass dieser, trotz dem für uns sehr anstrengenden Verkehrsverhalten auf indischen Straßen, nun absolut nicht mehr Norm war - änderte dieser nicht viel, weder am Tempo noch an den Manövern. So war dieser Halt auch längst nicht der letzte. Mein Magen hielt stand und ich bewundere ihn immernoch nachhaltig dafür. Steffi und ich schafften es tatsächlich, die ganze Talfahrt lang, zu reden und zu lachen und waren selbst erstaunt davon, wie lange und in welch bedrohlichen Situationen Galgenhumor halten kann. Als wir aber wieder auf ebener Straße waren und uns einigermaßen zurücklehnen konnten, sagten wir lange erst mal gar nichts, so erschöpft waren wir. Einen kleinen Aufreger gabs noch, als es der Busfahrer trotz reichlichler anders weisender Beschilderung schaffte, als Geisterfahrer auf die Gegenfahrbahn einer großen Landstraße zu fahren. In den Straßen einer Stadt mag der Gedanken einer Regelung der Fahrbahnen wenig Anklang finden, auf solchen Landstraßen ist das aber auch in Indien gut organisiert und beschildert. Und außer unserem Verrückten schienen auch alle anderen Fahrer von der Sinnhaftigkeit dieser Regelungen überzeugt und von dem entgegenkommenden Bus höchst irritiert. Zum Glück ergab sich schneller als erhofft eine Möglichkeit, die Fahrbahn zu wechseln. Uff!!! Als wir in Madurai ankamen, hatte ich das Gefühl, dem Tod nur so eben von der Schippe gesprungen zu sein.

Gerade jetzt, beim Schreiben, eine Woche später, bin ich nocheinmal völlig fertig... Wenn ich wieder in Deutschland bin, werde ich nochmal versuchen, selbst Auto zu fahren. Meine instabielen Nerven - die bisher das größte Hindernis waren - erhielten ja nun eine Intensivschulung. Und ich bin ja nun auch noch eine Weile hier...

Samstag, 9. Oktober 2010

Wo bin ich - wer bin ich?

Das sind schon Fragen, die ich mir hier gelegentlich stelle. Ich versuche, zu leben, mich einzuleben, gleichzeitig aber auch, mich zu beobachten, zu sehen, wie ich mich in einem trotz allem noch sehr fremden Land verhalte.
Ich habe von ehemaligen Freiwilligen gehoert, die sich hier so eingelebt haben, dass sie bei der Rueckkehr mit Deutschland, mit ihrem alten Leben, grosse Schwierigkeiten hatten. Wird mir das auch so gehen? Will ich das ueberhaupt?
Vielleicht mag es seltsam erscheinen, dass ich mich so sehr mit meiner Rueckkehr beschaeftige, mit der Frage, ob ich in mein altes Leben zurueckschluepfe, wie in alte, vertraute Hausschuhe, oder ob es sich eher anfuehlen wird, wie lange nicht getragene hochhackige Schuhe mit duennen Absaetzen... Aber diese Frage zeigt mir auch immer wieder, wie ich mit meinem Leben hier verbunden bin.

 Immer wieder schwanke ich zwischen den Welten: Ich will nicht zurueckkommen, als wuerde ich aus einer Parallelwelt auftauchen. Ich will wissen, was passiert ist - zumindest ein bisschen. Deshalb schreibe ich Mails, lese im Internet deutsche Nachrichten (vielleicht sogar regelmaessiger, als ich das in Heidelberg gemacht habe), denke daran, wie es zu Hause ist.
Gleichzeitig moechte ich aber hier sein, nicht nur mit dem Koerper, sondern auch mit Herz und Kopf. Es soll nicht darum gehen, quasi von ferne mein vorheriges Leben einfach weiter zu leben. Ich will woanders gewesen sein, wenn ich zurueckkomme, von mehr erzaehlen koennen als vom Internetcafe und davon, wie ich im Ausland auf heimische Nachrichten reagiert habe.

Sind diese beiden Pole nun als zwei Welten anzusehen, oder gehoeren sie doch zusammen. wonach sollte ich suchen? Nach Fremdem, Exotischem, Unbekanntem, oder nach Vertrautem und Heimat? Kann man beides verbinden? Schoen faende ich das!

Und wer bin ich? Eine, die versucht, indisch zu sein? Eine Deutsche in Indien? Kann ich mich ueberhaupt als "Deutsche" definieren (zu Hause habe ich mich sicher selten um derartige Bezeichnungen gekuemmert). Eher Europaerin, oder gar nichts, was man bezeichnen kann, sondern einfach nur ich? Und was heisst das dann.?
Fragen ueber Fragen die nicht nur fuer mich gelten, sondern fuer jeden und jede, die ich hier treffe, gleich welcher Nationalitaet...

Ich bin gespannt, ob es auf die Fragen auch Antworten gibt...

Nach zwei Wochen

Gestern habe ich meine letzten Eintraege nochmal gelesen... Jetzt sollt ihr aber wirklich mehr erfahren ;-)

Ich finde es immer noch schwierig, die Eindruecke, die mich beschaeftigen, zu formulieren und meine Umgebung so zu beschreiben, dass ihr euch ein wirkliches Bild von meinem Alltag machen koennt.
Diesen Alltag gibt es im engeren Sinne ja eigentlich auch noch nicht. Da die Uni noch nicht angefangen hat, beschaeftigen wir uns selbst. Manchmal zu dritt, Sarah, Steffi und ich (die beiden werden auch studieren), abends oft auch zu sechst, mit den deutschen Freiwilligen, Magda, Lisa und Narmada. Wir hoffen alle aber auch, bald mit Indern naehere Kontakte zu bekommen.
Und was machen wir so? Vielleicht gar nicht so viel, aber noch ist selbst Einkaufen beinahe ein Abenteuer. In den ersten Tagen waren wir sehr viel im Internetcafe, jetzt pendelt sich da ein Normalmass ein, obwohl die Kommunikation mit zu Hause immer noch wichtig ist.
Ansonsten versuchen wir, ein wenig Tamil zu lernen, lesen ueber Indien und blaettern durch die Zeitung - die erste Eingewoehnungsphase, in der ich versucht habe, mit der veraenderten Umwelt klarzukommen, ist einer zweiten gewichen, in der mein Kopf jetzt versucht, einzuordnen, zu lernen und zu vertiefen. Vielleicht ist es doch ganz gut, dass ich so viel Zeit fuer diese verschiedenen Phasen gibt, obwohl ich doch dem Unistart entgegenfiebere.
Eigentlich wollte ich mir eine Art Studienplan machen, gezielt die Sprache lernen, mir Wissen ueber indische Politik und Geschichte anlesen und sorgfaeltig die Zeitung lesen. Aber dann kommt oft irgend etwas dazwischen, sodass ich diese guten Vorsaetze eher sporadisch umsetze. Vielleicht ist es auch ganz lehrreich, einmal in den Tag hinein zu leben, obwohl das auf Dauer anstrengen sein wird.

Was vermisse ich am meisten? Viele Kleinigkeiten eigentlich: Wurtsbrote, eine einfache Moeglichkeit, Klopapier zu bekommen, Schokolade... Ich wuerde gerne mal wieder durch die Strassen gehen, ohne staendig auf den Verkehr zu achten...

Und was ist schoen? Auch vieles: Die Palmen und Baeume auf dem Campus, die ihn wie eine Oase in den heissen Strassen wirken lassen, das Kokos-Chutney, unser allmorgentliches Obstfruestueck, die bunte Kleidung, die hier alle Frauen tragen.
Wir werden hier von allen sehr freundlich behandelt. Viele kennen ehemalige Austauschstudenten, die wir auch kennen. Daher wissen viele auch sehr genau, welche Probleme auftauche koennen. Zu scharfes Mittagessen zum Beispiel...

Ganz angekommen bin ich sicher noch nicht. Das wird mit dem Studienbeginn kommen, aber im Landeanflug bin ich bereits. Und der fuehlt sich gut an.
Morgen frueh bin ich zwei Wochen hier - die Zeit ist so schnell vergangen...

Donnerstag, 30. September 2010

Eingewoehnen...

Es ist echt interessant: ich hatte einen viel schlimmeren Kulturschock erwartet. Aber irgendwie ist es ein bisschen anders, als ich mir das ganze vorgestellt habe. Zum einen - und da bin ich sehr froh drueber - bin ich nicht einmal ein bisschen krank geworden. Zwar habe ich bis jetzt das essen fuer gaeste gegessen und steige erst morgen auf Studi-Verkoestigung um, aber das wird dann sicher auch gehe. Dann ist es so, dass ich mich tagsueber sehr wohl fuehle und gar nicht viel nachdenke, aber nachts mein Hirn anfaengt, alles zu verarbeiten und dann so viele Bilder und Gedanken durch meinen Kopf ziehen, dass ich nur ganz schlecht einschlafen kann. Aber obwohl ich die letten Naechte vermutlich jeweils nur 4 Stunden geschlafen habe, bin ich noch verhaeltnismaessig wach.

Der Campus ist ziemlich beeindruckend, sie haben fast alles dort, um sich selbst zu versorgen. Auf welchen deutschen Campus gibt es schon Milchkuehe, Ziegen und Kraeutergaerten...

Im Moment ist noch alles ziemlich provisorisch. Ich wohne im Gaestehaus und das noch ein paar Wochen, weil das Zimmer, das ich kriegen sollte renoviert werden muss. Uni beginnt auch erst im November. So ein bisschen bloed ist das schon... was soll ich hier einen ganzen Monat? naja, ich werde mir was einfallen lassen.

So, da heute nachmittag ein wichtiges Gerichtsurteil in einem Streit zwischen Muslimen und Hindus gefaellt wird und die Polizei Strassenschlachten befuerchtet, ziehe ich mich jetzt mal lieber aufs bewachte Campusgelaende zurueck. Da mache ich dann eine Fototour, damit ihr bald auch mal sehen koennt, wo ich bin :-)

Montag, 27. September 2010

Angekommen

Hallo ihr alle,

ganz liebe Gruesse inzwischen aus einem Internercafe in Madurai. Nach anstrengendem Flug bin ich hier angekommen und fuehle mich insgesamt schon sehr wohl.
Die indischen Strassen sind gewoehnungsbeduerftig. Gar nicht so sehr, wegen der Kuehe und Ziegen die hier ebenso elegant flanieren, wie ich, sondern mehr wegen der Organisation des Verkehrs als solchem: Prinzip ist: Wer stehen bleibt, verliert. Ich bin ueberhaupt sehr dafuer, Bremens TUEV-Pruefern mal ne Spritztour durch eine Indische Stadt zu spendieren. dann wuerden sie bestimmt nie wieder jemanden wegen so Lappalien wie in den Gegenverkehr fahren durchfallen lassen... Man sollte mal eine Sprachstudie machen und herausfinden, ob es ueberhaupt in einer der vielen hundert indischen Sprachen Vokabeln wie Gegenverkehr, Vorfahrt, Bremse oder dergleichen gibt...

Das College-Gelaende ist schoen. Noch wohne ich im Gaestehaus, werde aber wohl bald umziehen. Wenn klar ist, wohin. das Quartier, dass ich eigentlich bekommen sollte, ist leider extrem regengeschaedigt...

Morgen kommt schon eine andere deutsche Studentin. Bloederweise geht der regulaere Unibetrieb erst im November los. mal sehen, was ich bis dahin so machen werde...

Jedenfalls sind alle sehr nettzu mir, das Gaestehasuessen ist lecker und alles ist viel weniger dramatisch, als man so denkt...

Mir gefaellts hier. So, bevor ein naechster Stromausfall alles hier loescht, poste ich das jetzt mal, bald gibts mehr :-)

Mittwoch, 22. September 2010

Die letzten Tage zu Hause

So, jetzt will ich mal probieren, ob ich Technik-Depp in der Lage bin, diesen Blog zu bedienen ;-)
Spannend wirds vermutlich erst ab Montag, denn da lande ich morgens um 7:50 in Madurai und stürze mich ins Abenteuer... zumindest, wenn man den Campus des Tamil Theological Seminary als solches Bezeichnen kann.
Andererseits - wenn der Aufenthalt in Indien nur halb so spannend ist, wie die diversen Vorbereitungen, bin ich eigentlich schon zufrieden. Hoffentlich ist die Art der Spannung eine andere. Zwar kann man schon von Impfungen, Apothekenshopping, und anderem viel erzählen, aber wirklich berichtenswert ist es kaum.

Indien... oft musste ich in den vergangenen Monaten erklären, warum es mich da eigentlich hinzieht. Mal gemütlich bei einem Kaffee, mal gestresst vor dem Computer und der Aufgabe, ein überzeugendes Motivationsschreiben für den Stipendienantrag zu basteln...

Aber was steckt wirklich dahinter??? Ein Blick in die langen Reihen unserer Kinderbücher gibt einwandfrei Aufschluss über früh- und etwas späterkindliche Prägungen, die zweifelsfrei die Antwort auf diese Frage darstellen.
Indien - das ist das Geburtsland des Kleinen  Tigers, der sich mit dem Kleinen Bären, Maya Papaya und ihrem Atlas eines Tages aufmacht, dieses Land der Tiger zu besuchen. Zumal der Kleine Bär behauptet, Indien gäbe es gar nicht und vermutet, sein Freund sei wohl eher in Wolfenbüttel oder Remscheid-Achterbahn geboren.
Quer durch Indien - von Bombay nach Kalkutta - reist Phileas Fogg, den ich auf seiner Reise in 80 Tagen um die Welt mittels einer wunderschönen, bilderreichen Kinderfassung des Klassikers (die ich heute noch lieber lese, als das Original) begleitete. Dabei muss er, wegen ausfallendem Zugverkehr auf einen Elefanten umsteigen - Kiuni. So hieß dann auch der entsprechende Plastik-Verwandte auf dem Henning und ich hemmungslos schaukelten. Der gelben Sari von Lady Aouda, der vor dem Verbrennen geretten indischen Witwe, hat mich ohnehin schwer beeindruckt. Schade, dass mir Gelb so gar nicht steht...

Und schließlichwohnten auch so sympathische Gestalten, wie Sara die kleine Prinzessin in Indien...

Das allein sind doch genug Gründe... auch wenn ich der Studienstiftung andere genannt habe...